fbpx

Too big to fail?

„Dass der Juniorpartner der Wiener Stadtkoalition so mir nichts, dir nichts der Erhöhung der Förderung der Vereinigten Bühnen zustimmt, ist erstaunlich“, war gestern in einem Gastkommentar im Standard zu lesen. Heute erschien dort – leicht gekürzt – meine Antwort:

Dass der SPÖ-Beamte Andreas Stadler und Präsidentenberater Meinhard Rauchensteiner – beide schätze ich persönlich sehr – der Meinung sind, dass das Wiener Kulturressort zu den Grünen wandern müsse, freut einen natürlich. Dass ausgerechnet ein Sozialdemokrat den Grünen dann die Zustimmung zur vorübergehenden Subventionserhöhung der Vereinigten Bühnen Wien (VBW) anlastet, ist allerdings nicht ohne Witz.

Ja, auch ich halte es für verkehrt dem Kulturtanker VBW bedingungslos noch mehr Steuergeld zu geben, während kleine Kulturinitiativen und ein Großteil der Kulturschaffenden nur durch Selbstausbeutung überleben können. Meine Freunde Stadler und Rauchensteiner wissen auch, wie zähe wir um eine grundlegende Reform der VBW kämpfen, um erstens eine langfristige Senkung des Subventionsbedarfs und zweitens sicherzustellen, dass mit der Förderung nicht mehr platte Kommerzmusicals sondern zeitgemäßes Musiktheater mit mehr Eigenproduktionen und einer Öffnung hin zur freien Szene finanziert wird. Und es freut mich, wenn wir hier auch bei der SPÖ Verbündete haben – verbunden mit der Hoffnung, dass sie dieses Anliegen auch in ihrer eigenen Partei vorbringen. Beide Autoren wissen auch, dass die Entscheidung über die auf zwei Jahre befristete Subventionserhöhung nicht auf kulturpolitischer Ebene getroffen wurde. Und dass es die roten und grünen Kulturpolitiker waren, die darauf bestanden haben, dass wenigstens Anfang 2014 ein umfassendes Reformkonzept samt Zurückschrauben der Subvention ab 2016 vorgelegt wird. Als alte Polithasen wissen sie aber auch, dass es eben nicht immer gelingt, für die eigenen Überzeugungen Mehrheiten zu finden – nicht in einer Koalition und manchmal nichtmal in der eigenen Partei. Ich habe mein Scheitern in dieser Frage sogar öffentlich gemacht, ein in der Politik nicht gerade üblicher Schritt.

Dort, wo Grüne Kulturpolitik ihren Einfluss als Juniorpartner geltend machen konnte, hat sie das immer zugunsten kleinerer Initiativen und freier Künstler gemacht. So ist etwa die Wienwoche kein „grünes Grätzelfest“, sondern steht jedem offen – samt transparentem, öffentlichem Bewerbungsverfahren. So haben wir dafür gesorgt, dass sich autokratische Machthaber in Leitungsfunktionen nicht mehr auf Kosten der Steuerzahler persönlich bereichern. So haben wir Künstlern aus weniger privilegierten Schichten – etwa der Zuwanderungsbevölkerung – Zugang zu Ressourcen ermöglicht, etwa mit dem Projekt „kültür gemma!“, dem „Divercity Lab“ in Kooperation mit der Garage X oder dem Kulturinfoservice Wien. So kämpfen wir weiterhin für eine gerechtere und transparente Vergabe von Förderungen und Leitungsfunktionen.

Das Konzept „too big to fail“, das nun bei den VBW zum Tragen kam, halte ich für ebenso falsch wie viele meiner sozialdemokratischen Freunde. In Abwandlung eines Spruchs über Bankenrettungspakete könnte man auch sagen: Wären die Kulturschaffenden dieser Stadt ein Kulturtanker hätten wir sie längst gerettet. Das können wir Grünen aber nicht alleine. Deshalb freut uns Unterstützung von jeder Seite. Wir werden sie brauchen.