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Migration

Pol pot und ich

Das rechtsextreme Ewiggestrigenblatt National-Zeitung hat mit nur sieben Jahren Verspätung das Schwarzbuch Markenfirmen als Thema entdeckt und widmet ihm und damit auch mir eine ganze Seite. Nachdem ja Nazis „die Globalisierung“ naturgemäß Scheiße finden, kommt das Buch in den zweifelhaften Genuss einer fast hymnischen Rezension, während ich selbst von Vereinnahmung nicht nur verschont bleibe, sondern sogar wegen meines brasilianischen Ehenamens denunziert werde: „Seit 2006 nennt er sich – warum auch immer – Klaus Werner-Lobo de Rezende. Er wird schon seine Gründe haben“. Hab ich, auch wenn ich dafür vor siebzig Jahren noch wegen Rassenschande im KZ gelandet wäre. (Nachtrag 9.12.: Autor Gerhard Frey teilt mir mit, dass die Bemerkung nicht rassistisch, sondern psychoanalytisch gemeint gewesen sei. Na dann!)

Der eigentliche Stein des Anstoßes ist aber die Tatsache, dass ich, so die psychopathologische Interpretation meines Interviews mit der Menschenrechtszeitung „Moment“, „in Pol-Pot-Manier“ die Menschheit entheimaten wolle.

Weil nicht jedem zuzumuten ist, so wie ich am Wochenende mit tief ins Gesicht gezogener Kapuze die Trafiken abzuklappern und nach der, äh, wie hieß die nochmal, Nazizeitung oder so, zu fragen, hier ein Faksimile des Verdauungsproblems. Danke übrigens, liebe Trafikanten, für die „Klopapier kriagns in der Drogerie“-Reaktionen!

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Grüne haben ein Ausländerproblem

Die „Presse“ nimmt sich in den letzten Wochen grüne MandatarInnen zur Brust, um ihnen ein Bekenntnis zu einer „Wende“ in ihrer Ausländerpolitik abzuringen: Nach Maria Vassilakou bekannte sich am Freitag auch Christoph Chorherr nach heftigem Drängen seitens der Redaktion („Was ist mit dem Einfordern? Und verpflichtend? Ohne Zwang tut sich offenbar nichts…“) dazu, MigrantInnen zum Erlernen der deutschen Sprache zu verpflichten. Das Ganze stinkt irgendwie nach einer Presse-Kampagne, die die Grünen auf ÖVP-Kurs bringen will.

Eigenartig nur, dass manche Grüne da so widerspruchslos mitspielen. Apropos: Wie ist das eigentlich in Europa? Was ist „unsere“ Sprache in der EU? Widerspricht es nicht ein bisschen der europäischen Haltung der beiden Parteien, sich auf eine nationale Sprache festzulegen? Offenbar geht es aber um etwas ganz anderes. Das Spiel ist sehr durchsichtig: Den „xenophilen“ Parteien und Gruppen soll die angebliche Integrationsunwilligkeit bestimmter Zuwanderergruppen angelastet werden, weshalb sie jetzt eine „Wende“ zu vollziehen hätten. Damit wird erfolgreich vertuscht, dass es gerade diese waren, die seit Jahr und Tag mehr Mittel und Angebote für Sprachkurse und andere Formen der kulturellen, gesellschaftlichen und politischen Teilhabe fordern. Wer ist es denn, der kostenlose Deutschkurse, Beratungsleistungen, Frauenförderung und all diese Dinge anbietet? Richtig, diejenigen NGOs, deren Ressourcen von den jeweiligen Regierungen der letzten Jahre immer wieder in Frage gestellt, gekürzt und gestrichen wurden.

Warum gelingt es nicht, das so dar- und klarzustellen, anstatt auf die völlig idiotische, unliberale und garantiert zum Scheitern verurteilte Zwangs-Masche zu setzen? Dass sie es sträflich vernachlässigt haben, die Konflikte und Spannungen zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft zu thematisieren, habe ich selbst hier und gegenüber profil bereits angemerkt. Und auch kritisiert, dass man es den Rechten überlassen hat, diese Probleme anzusprechen. Damit waren aber nicht „Probleme mit Ausländern“ gemeint, wie sie Chorherr in der „Presse“ offenbar hat. Eines kann ich nämlich garantieren: Es gibt in Österreich viel, viel mehr Probleme mit Inländern als mit Ausländern. Und der neue Duktus grüner „Querdenkerei“ stärkt letztendlich erst wieder die xenophobe Rechte, wie auch an den Leser-Kommentaren zu erkennen ist.

Wie wär’s, liebe Leute, mit einem Antirassismus-Training bei Zara, damit ihr es schafft, die unter den Nägeln brennenden Probleme anzusprechen ohne sie zu ethnifizieren? Und wenn ihr dann ohne „wir“- und „sie“-Kategorien mit den Leuten sprecht, dann dämmert euch was ihr vermutlich eh schon geahnt habt: dass demokratische Teilhabe, realistische Aufstiegschancen und bedingungsloses Bleiberecht viel erfolgreichere Wege zur „Integration“ sind als autoritäre Zwänge. Sagt das dann bitte auch der „Presse“, selbst wenn die gern was anderes von euch hören will.

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Bring einen Sessel!

SOS Mitmensch und andere Organisationen rufen für den 10. Oktober zum Tag des Bleiberechts auf: In allen österreichischen Landeshauptstädten werden „Sesselmeere“ veranstaltet: Jeder und jede kann Stühle mitbringen und an einem zentralen Platz (siehe Liste) zu einem „Sesselmeer“ zusammenstellen, um Stimmung für eine faire Bleiberechtsregelung zu machen. Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Aktivitäten geplant, z.B. eine Ausstellung der Akademie der Bildenden Künste, ein Fussballturnier des Vereins Schmetterling sowie eine Demonstration.

Die Menschenrechtsgazette Moment von SOS Mitmensch bringt in ihrer aktuellen Ausgabe übrigens auch eine Kurzrezension von Uns gehört die Welt!.

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Österreich, ungeschnitten

Die Wiener Flüchtlingshelferin Frau Bock hat ihr Büro gleich hier um die Ecke. Wer mal bei ihr war, sieht die Welt – zumindest die österreichische – mit anderen Augen. Man erfährt Dinge, die man in einem der reichsten Länder der Welt nicht für möglich halten würde und die doch hier gleich nebenan passieren: Wie unmenschlich Menschen von Behörden und Politik behandelt werden. Und wieviel Menschlichkeit gleichzeitig in einem einzigen Menschen Platz hat.

fraubock.tv vermittelt einen kleinen Eindruck davon. Ungeschnitten, ungeschminkt, unmittelbar: Das etwas andere Österreich, gleich hier um die Ecke. Wer sich etwas gutes tun will, sieht sich das an. Am besten die ganze Serie.

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Mein Zimmer ist frei

Familien mit kleinen Kindern werden um 4 Uhr früh von der Fremdenpolizei aus dem Bett geholt und abgeschoben, Paare werden auseinander gerissen, Kinder von ihren Eltern getrennt. In Klagenfurt stürmt die Fremdenpolizei ohne Durchsuchungsbefehl das Haus einer pensionierten Volksschullehrerin, weil „bei Ihnen gehen Schwarze aus und ein, wir beobachten Sie schon lange“. Einer Tschetschenin, die Opfer einer Massenvergewaltigung im Krieg geworden war, wird gesagt, dies könne nur erfunden sein, da „eine sexuell geschändete Frau mit Sicherheit von ihrem Ehemann mit Schmach behandelt, wenn nicht sogar getötet“ worden wäre. Auf deutsch: Da sie ihr Mann nicht umgebracht hat, kann sie nicht vergewaltigt worden sein.

Es wird Zeit, sich öffentlich dazu zu bekennen, dass man diese Unmenschlichkeit nicht mehr in Kauf nimmt. Der Cartoonist Manfred Deix, die Schriftstellerin Marlene Streeruwitz, die Chefin der Nationalbibliothek Johanna Rachinger und viele andere haben bekannt gegeben, dass sie Menschen, die auf der Flucht vor der Fremdenpolizei sind, natürlich verstecken würden.

Solidarisieren wir uns mit ihnen! 69 Menschen wurden heuer bereits wegen „Beihilfe zu unbefugtem Aufenthalt“ angezeigt, sechs Helfer von Asylwerbern nach Paragraf 115 des Fremdenpolizeigesetzes verurteilt. Doch je mehr Leute öffentlich bekennen, dass sie sich diesen unmenschlichen Gesetzen widersetzen, desto schwieriger wird es für Platter und Co., ihre gnadenlose Linie durchzuhalten.

Ich finde, dieses Gesetz ist unrecht, und werde es im Ernstfall brechen.

Zeigt Zivilcourage! Unterzeichnet die Solidaritätsliste gegen Abschiebung: http://gegenabschiebung.wordpress.com

Die Unterzeichneten geben offen zu: “Ich helfe Menschen im Ernstfall weiter, auch wenn sie illegalisiert wurden”.

Verbreitet diesen Link bitte weiter, damit möglichst viele unterschreiben!

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Buchtipp: „Festung Europa“

Meine Freundin Corinna Milborn hat soziale Brennpunkte in- und außerhalb Europas bereist, die Schicksale verzweifelter und hoffnungsfroher Menschen begleitet und ein längst fälliges Buch geschrieben: Gestürmte Festung Europa – Einwanderung zwischen Stacheldraht und Ghetto. Ihr Resümée: Europa braucht MigrantInnen, und je mehr es versucht Menschen aus seiner Mitte auszuschließen oder von seinen Rändern abzuschieben, desto größer das Sicherheitsproblem das sich der Kontinent damit einbrockt.

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Grüße aus der Heimat

Gestern hat die Drogenfraktion Amigos dos Amigos nach vierstündigem Kampf Rios Favela Vidigal erobert. Die Polizei fand am Morgen nur zerschossene Häuserfronten vor. Und jede Menge Granaten – made in Austria. Gut für die österreichische Wirtschaft, schlecht für die Mutter, die über der zerfetzten Leiche ihres Kindes zusammenbricht.

Österreich führt indes eine Asyldebatte. Die Regierung will das Land aus dem „Würgegriff der Fremden“ befreien, diese in „Sicherungshaft“ nehmen und dergleichen Nazisprech.

Nüchtern betrachtet geht es längst nicht mehr um die fehlende demokratische Moral einer faschistoiden Elite von Strasser über Berslusconi und Schily bis Bush. Auch nicht um den Prozentsatz von Habenichtsen in der Kriminalitätsstatistik. Die Eliten versuchen mit aller Macht den Krieg, den sie selbst gegen die Weltbevölkerungsmehrheit führen, vor der Haustüre zu halten. Das wird nicht gelingen, weil die Armen zwar immer ärmer, aber auch immer mehr und immer mobiler werden. Die mit Gewalt verdrängte Armut wird mit Gewalt eindringen. Und dann können sich Österreich & Co. ihre Granaten in den eigenen Arsch schieben.

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