Vor drei Wochen habe ich gemeinsam mit Stadtrat Mailath-Pokorny und den beiden KuratorInnen Asli Kislal (daskunst) und Ali Abdullah (Garage X) die Projektreihe für postmigrantische Kulturarbeit “Pimp my Integration” vorgestellt (siehe Bericht im Standard).
Damit wollen wir auch in der Kulturpolitik endlich der Tatsache Rechnung tragen, Wiens Realität als Zuwanderungsgesellschaft sichtbar zu machen und auf die Bühne(n) der Stadt zu bringen. Wir verstehen kulturelle Vielfalt als den größten Reichtum dieser Stadt und sehen es als Kernziel Rot-Grüner Kulturpolitik, diesen bisher allzu marginalisierten Reichtum ins Zentrum der Aufmerksamkeit zu rücken, gleichzeitig aber auch die damit verbundenen Konflikte und Ängste wahrzunehmen und zu thematisieren. Das Stichwort dazu heißt “Migrant Mainstreaming”, also die “postmigrantische” Identität Wiens zum kulturellen Mainstream zu machen und letztendlich alle kulturpolitischen Schwerpunkte und Institutionen damit sprichwörtlich zu durchfluten. Da gibt es noch viel zu tun.
Was aber bedeutet dieses komische Wort “postmigrantisch”?
Eine mögliche Antwort darauf hat gestern die erste von mehreren Diskussionsrunden im Rahmen des Projekts “Pimp my Integration” gegeben, das vorgestern mit der fulminanten Aufführung des Theaterstücks “Arabboy” gestartet ist.
Es ging um die Frage “Wer ist wir?”, die nicht zufällig ausgerechnet am Nationalfeiertag in den vollbesetzten Raum der Garage X geworfen wurde. Das hochkarätig besetzte Podium beantwortete diese von Moderator Hikmet Kayahan sehr persönlich gestellte Frage zunächst einmal sehr ähnlich: So erzählte der seit kurzem in Klagenfurt lebende, türkischstämmige Migrationsforscher Erol Yildiz, dass er in seiner neuen Kärntner Heimat aufgrund seiner langjährigen Lehrtätigkeit in Deutschland mehr als Deutscher denn als Türke wahrgenommen werde. Und outete sich gleich als möglicher Urheber des Begriffs “postmigrantisch”, den er seinerzeit parallel zu Diskussionen über postkoloniale Verhältnisse ins Spiel gebracht hatte: Ihm zufolge bezeichnet er die Tatsache, dass Migration nicht nur die Eigen- und Fremdwahrnehmung von MigrantInnen verändere, sondern auch die der Aufnahmegesellschaft. Ein schöner Gedanke, wie ich finde, der zu Ende gedacht nämlich bedeutet: Wir alle, egal welcher Herkunft, sind PostmigrantInnen!
Georg Kraft-Kinz vom Verein Wirtschaft für Integration berichtete, wie sehr seine persönlichen und familiären Kontakte mit Menschen aus anderen Herkunftsländern seine Selbstwahrnehmung und seinen Horizont erweitert hätten. Er wies auf die Tatsache hin, dass ZuwanderInnen heute mit wesentlich mehr Mut und Risikobereitschaft Unternehmen gründeten und dies und ihre mitgebrachten Fähigkeit auch von Teilen der Wirtschaft wahrgenommen werde. Gleichzeitig sparte er nicht mit Kritik an den österreichischen Regierungsparteien, die sich demgegenüber völlig ignorant verhielten.
Einen interessanten Aspekt brachte der islamische Religionspädagoge Ednan Aslan ein: Die Frage nach dem “Wir” sei auch aus seiner religiösen Sicht keine statische, vielmehr ginge es darum, eine europäische, österreichische oder sogar wienerische Variante des Islam anhand eines gemeinsamen Wertediskurses zu entwickeln und so die Grenzen zwischen “Wir” und “Ihr” aufzubrechen. Dem konnte auch die Kultur- und Sozial-Anthropologin Sabine Strasser zustimmen, die ihr persönliches “Wir” eher als Negierung traditioneller und vor allem nationalistischer Gruppenkonstruktionen verstand und einer dynamischen Identitätsbildung durch Freundschaften und ständig wechselnde Lebensverhältnisse das Wort redete. Auch die in Wien geborene und in Bosnien aufgewachsene Journalistin Olivera Stajic, die mit dastandard.at eine der erfolgreichsten medialen Plattformen rund um die Themen Migration und Integration aufgebaut hat, verweigerte sich einer “Wir”-Festlegung: “Ich habe dieses ‘Wir’-Gefühl als Teenagerin abgelegt und nicht wiedergefunden. Mag sein, dass ich wieder einmal eines haben werde, momentan sträubt sich alles in mir dagegen.”
Keine Frage: Das Podium – und mutmaßlich auch das Publikum in der “Garage” – verstand sich im besten Sinne als postmigrantisch. Doch wie gehen wir damit um, dass sich große Teile der Bevölkerung an nationalistisch konstruierte Identitätszuschreibungen klammern, die mit Sätzen wie “Ich glaube an Euch!”, “Unser Geld für unsere Leute” oder gar “Daham statt Islam” ansprechbar sind und sich als “Wir” gegen “die anderen” aufhetzen lassen? Und was kann oder soll Kulturpolitik da tun? Olivera Stajic’s pragmatisches Resümee: “Viele von denen müssen wir verloren geben, wir müssen sie vor vollendete Tatsachen stellen. Aber vor allem bei den Jungen geht es zuallererst um Wahrnehmung. Auf die Bühne mit ihnen, mit ihren noch unentdeckten Talenten und Konflikten. Da geschieht viel zu wenig.” Und auf Asli Kislals Frage, ob Wien denn einen “postmigrantischen Kulturraum” brauche und ob dieser die ganze Stadt oder nicht doch ein eigenes Theater oder ähnliches sein solle, antwortete Stajic ebenso pragmatisch: “Beides. Wenn beim Standard nur ein paar Leute wie ich mit komischen Namen schreiben würden, wäre das nicht weiter aufgefallen. Weil wir uns mit dastandard.at unser eigenes Labor geschaffen haben, werden wir sichtbar. Und irgendwann wird man uns abwerben, einfach weil wir gut sind. Als MigrantInnen müssen wir nämlich besser sein als andere, auch wenn das ungerecht ist. Und irgendwann sind wir der Mainstream.”
Unter der rot-grünen Regierung wird die Demonstration gegen den WKR-Ball 2012 wieder verboten werden! Rot-Grüner Antifaschismus?
Unter der rot-grünen Regierung wird ein Anitfaschist wegen seiner Beteiligung an der WKR-Ball-Gegendemonstration 2011 vor Gericht gestellt! Rot-Grüner Schauprozess?
http://www.slp.at/artikel+M52460e63325.html
Meine Stimme bekommt ihr so lange nicht, solange ihr nicht eine klar antifaschistische Politik gegen Rassismus und Sozialabbau betreibt!