Die Vorträge sollen vor allem dazu motivieren, gegen die scheinbare Übermacht der Multis aufzutreten. Ob ich dafür choreographische Anleihen bei Microsoft-Chef Steve Ballmer nehmen werde ist noch ungeklärt:
Im September erscheint mein neues Buch „Uns gehört die Welt! Macht und Machenschaften der Multis“ im Hanser-Verlag. Ab sofort ist die dazugehörige Online-Plattform unsdiewelt.com mit zahlreichen Features und Vernetzungsmöglichkeiten online. Hab ich selbst gemacht (und in letzter Zeit wenig geschlafen). Lob, Kritik und Anregungen sind sehr willkommen!
Multinationale Konzerne und deren Shareholder betrachten die Welt als Ware, mit der man Profite machen kann. Menschenrechte, Demokratie und Umwelt bleiben dabei auf der Strecke. „Uns gehört die Welt!“ erklärt die Zusammenhänge zwischen globaler Wirtschaftspolitik, Armut, Krieg, Kinderarbeit, Migration, Umweltzerstörung und unserem Alltag. Es ist aus Diskussionen über das Schwarzbuch Markenfirmen entstanden und soll junge und erwachsene Menschen ermutigen, sich gegen Ausbeutung, Diskriminierung und Konsumterror zur Wehr zu setzen. Jugendliche sind nicht per se politikverdrossen, konsumgeil und markentreu, sie werden dazu gemacht. Gegen die Macht der Multis hilft vor allem Selbstvertrauen, Information, solidarisches Handeln und Zivilcourage. Das ist unsere Welt, wir lassen uns nicht verkaufen! Und schon gar nicht lassen wir uns für dumm verkaufen!
Heute mal etwas über indigene Clowns: Im Volk der Krahô im Nordwesten Brasiliens heißen sie Hotxuá und nehmen eine zentrale soziale Stellung ein, vergleichbar mit dem Schamanen: Letzterer heilt das Individuum, der Hotxuá jedoch die Gesellschaft, indem er durch den Bruch von Strukturen und Logiken die Menschen zum Lachen bringt. Ich hatte die Gelegenheit, in Rio den Hotxuá Ismael kennenzulernen und fragte ihn nach dem Ursprung seiner Tradition. Die Antwort habe ich nun übersetzt und gebe sie hier möglichst wortgetreu wieder. Damit sich jeder auskennt.
Ok, ich werde hier von den Hotxuá reden, vom Volk der Krahô. Also, der Hotxuá wurde vom Kürbis und vom Mais geboren. Weil die Kartoffel hat diese Aufräumerei gemacht. Aber vorher machten unsere Urgroßväter das Dorf klar und gingen weg; sie verließen das Dorf, alle miteinander. Ich weiß nicht wohin. Es blieb nur einer zurück, nur ein Haus. Also, die Kartoffeln die wir gepflanzt hatten, ließen wir zurück und sie blieben im Feld. Plötzlich stieg eine Kartoffel aus der Furche heraus und ging zum Dorf, um ihren Chef zu finden. Als sie im Dorf ankam war niemand mehr zu sehen. Aber sie wusste ja nicht, dass es noch einen in einem der Häuser gab. Sie ging zurück, und da sprach sie zu den anderen Kartoffeln die in den Furchen lagen, und zu den Kürbissen auch (weil im selben Feld waren alle beieinander): „Schaut, von denen die uns hier gepflanzt haben, auf diesem Feld, gibt es niemanden mehr im Dorf. Es gibt den Chef nicht mehr, niemanden mehr. Also, ich der ich eine Kartoffel bin, werde jetzt eine Aufräumerei im Dorf machen.“
Und so machten sie eine Aufräumerei. Die Kartoffel sprach also zum Kürbis: „Du bist Hotxuá. Und der Mais, du wirst auch ein Hotxuá.“ Und deshalb gibt es den gestreiften Mais den wir sehen: auf nur einem Kolben gibt es weiß, rot, schwarz, gibt es alle Farben. Der Kürbis machte es auf seine Art genauso, völlig gestreift. Die Kürbisse machten dieses Späßchen nicht mit, erst als es vorbei wäre sollte es soweit sein dass sie ihr Späßchen machen würden. Also ging die Kartoffel singend und spielend davon. Und der Kürbis schaute nur zu, schaute nur zu…bis die Kartoffel in der Mitte des Dorfes ankam, wo man diesen Hof macht damit sich die Einwohner treffen können, und dort blieb sie stehen. Da sagte der Kürbis folgendes: „Wir, nachdem wir ja Hotxuá sind, wir werden spielen und ihr werdet nur lachen, weil wir werden unser Späßchen machen.“ Jener der im Haus war erschrak, er war dort friedlich auf dem Bett gelegen und hörte nur die Musik der Aufräumerei. Als sie endete kam er heraus. Er ging langsam, und als er ankam…da erblickte ihn die Kartoffel: „Ah, wo warst du?“ – „Ich war hier im Haus.“ – „Also hast du die Aufräumerei gehört die wir gemacht haben, weil die anderen weggegangen sind. Dann ist es so: Du musst das auch machen, so wie wir es schon gemacht haben.“ Da hörte der andere zu, und er ging auch weg weil die Kartoffel, als sie die Aufräumerei gemacht hatte, alles auseinandergeworfen hatte damit er es um nichts in der Welt wieder zusammenfügen könne.
Jener der die Musik der Aufräumerein gehört hatte ging seinen Leuten nach und machte das Späßchen der anderen nach. Bis er im neuen Dorf ankam, das seine Leute schon aufgebaut hatten. Als er dort ankam, sprach er folgendes: „Schaut, ihr habt auf dem ganzen Feld Kartoffeln angebaut, aber sie haben die Aufräumerei gemacht und ich habe die Musik gehört die sie gemacht haben, ich habe alles gehört. Also werde ich es genauso machen wie sie, ich werde das jetzt auch machen, damit wir nicht die Kultur verlieren die sie uns überlassen haben.“
Eben, und seit damals geht die Nacht niemals zu Ende.
Und deswegen gibt auch Ismael die Kultur des Kartoffelfestes an seine Söhne und Neffen weiter. Das folgende Video zeigt ein Späßchen der Hotxuá bei ihrem Besuch des internationalen Clownfestivals Anjos do Picadeiro in Rio de Janeiro, Ismael kommt als Zweiter gleich zu Beginn ins Bild:
der clown leo bassi hat in österreich sein stück „the revelation“ präsentiert. er greift darin unter anderem als papst verkleidet die monotheistischen religionen an und hat mich als priester engagiert, um ihm das wasser zu reichen, das er dann auf wundersame weise zu wein verwandeln wird. immerhin war ich mal ministrant!
Auch wenn es oberflächlich nach bloß einer weiteren Art aussieht, im Internet Zeit zu verscheißen (ist es auch): Je mehr ich mich mit dem ganzen Zeugs beschäftige, desto mehr habe ich das Gefühl, dass diese Plattformen zusammen mit Weblogs, Wikis, Youtube usw. eine zusätzliche Möglichkeit schaffen, abseits klassischer Medien auch nichtkommerzielle Informationen in zunehmend relevantem Ausmaß zu verbreiten. Hier trägt nämlich weniger das Marketingbudget, sondern vor allem die Mund-zu-Mundpropaganda per Weiterzwitschern, Trackbacks und Kommentaren in Weblogs etc. zur Reichweite bei. Das ist nicht per se demokratisch, hat aber viel Potenzial. Mehr darüber demnächst.
Ich such mir meine FreundInnen ja nicht danach aus, dass sie gute Bücher schreiben. Einige von ihnen tun es aber trotzdem. Und zwar sogar ganz hervorragende.
Christian Felber hat soeben sein opus magnum veröffentlicht, in dem er nichts weniger als ein neues Wirtschaftssystem jenseits von Kommunismus und Kapitalismus ausrufen möchte. Sein Ziel: Dass in der Wirtschaft dieselben humanen Werte gelten mögen wie in zwischenmenschlichen Beziehungen. Das ist nicht alles neu und findet sich zum Beispiel bereits in anarchistischen Theorien, auch wenn diese im Buch (warum eigentlich nicht?) keine Erwähnung finden.
Minutiös und mit einer fast unpackbaren Fülle an Beispielen und Zitaten belegt Christian, dass der Kapitalismus seine eigenen Versprechen wie Freiheit und Wohlstand nicht einlöst und dass seine Grundpfeiler wie Wettbewerb und Gewinnstreben konsequenterweise menschliches Leid und die Zerstörung des Planeten verursachen. Stattdessen fordert der Autor politische und gesetzliche Rahmenbedingungen, die das Gemeinwohl anstelle des Profitdenkens als oberstes Ziel des Wirtschaftens („Werte schaffens“) setzen sollen.
Das Buch ist schon wegen seiner überaus klaren Argumentation lesenswert, und ebenso weil es dankenswerterweise auch „soziale Marktwirtschaft“ und „Corporate Social Responsibility“ als contradictio in adjectu entlarvt, weil soziale Ziele mit Profitorientierung nicht vereinbar sind. Keine Antwort wird man auf die Frage finden, auf welche Weise das herrschende System das Feld räumen soll, um den Vorschlägen des Autors Platz zu machen. Gutes Zureden allein wird wohl nicht reichen.
Corinna Milborn hat in Nigeria und Europa recherchiert, wie zehntausende junge Frauen aus ihrer Heimat verschleppt und bei uns in die Prostitution gezwungen werden: Mithilfe falscher Versprechungen, Drohungen und Voodoo-Zauber werden Nigerianerinnen aus der Region Benin City in fast schon industriellem Ausmaß auf die beschwerliche Reise nach Mitteleuropa geschickt und müssen hier für 20-30 Euro ihren Körper feilbieten, bis sie ihre angeblichen „Schulden“ von 45.000 bis 60.000 Euro an ihre Zuhälterinnen, die sogenannten „Madames“, abbezahlt haben.
Jeder dritte Mann, schätzt die deutsche Hurengewerkschaft Hydra, nimmt regelmäßig die Dienste von Sexarbeiterinnen in Anspruch. Allein in Wien besuchen täglich 15.000 Freier Prostituierte. Doch auch der Staat ignoriert das Problem des Menschenhandels – die rassistischen Fremdengesetze fördern ihn sogar: Asylwerberinnen dürfen hier zwar keine normalen Jobs machen – aber legal als Prostituierte arbeiten. Während des Asylverfahrens können die Frauen also ausgebeutet werden, ohne Verfolgung durch die Behörden zu fürchten. Nach drei bis vier Jahren werden sie dann abgeschoben. „Die Menschenhändler importieren die Ware. Der Staat schiebt sie wieder ab, wenn sie ausgelaugt ist.“ (siehe auch den Artikel Business mit der „Ware Frau“ im heutigen Standard).
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