Diverse
Grüße aus der Heimat
Gestern hat die Drogenfraktion Amigos dos Amigos nach vierstündigem Kampf Rios Favela Vidigal erobert. Die Polizei fand am Morgen nur zerschossene Häuserfronten vor. Und jede Menge Granaten – made in Austria. Gut für die österreichische Wirtschaft, schlecht für die Mutter, die über der zerfetzten Leiche ihres Kindes zusammenbricht.
Österreich führt indes eine Asyldebatte. Die Regierung will das Land aus dem „Würgegriff der Fremden“ befreien, diese in „Sicherungshaft“ nehmen und dergleichen Nazisprech.
Nüchtern betrachtet geht es längst nicht mehr um die fehlende demokratische Moral einer faschistoiden Elite von Strasser über Berslusconi und Schily bis Bush. Auch nicht um den Prozentsatz von Habenichtsen in der Kriminalitätsstatistik. Die Eliten versuchen mit aller Macht den Krieg, den sie selbst gegen die Weltbevölkerungsmehrheit führen, vor der Haustüre zu halten. Das wird nicht gelingen, weil die Armen zwar immer ärmer, aber auch immer mehr und immer mobiler werden. Die mit Gewalt verdrängte Armut wird mit Gewalt eindringen. Und dann können sich Österreich & Co. ihre Granaten in den eigenen Arsch schieben.
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My neighborhood
ich les grad das sehr nette buch „aschermittwoch“ des sehr netten ethan hawke, als ich direkt vor meinem fenster zwei schüsse höre. schießereien hört man hier dauernd, aber normalerweise sind die weiter weg. ich steck also die nase aus dem fenster: die luft ist rein (damit das auch einmal gesagt ist). ich sehe einen mann den abhang runterrennen, und oben auf der straße leute. ich geh raus.
vor meiner tür liegt ein halbnackter typ am boden, bewacht von polizisten. er zittert am ganzen leib. „er hat einen gringo überfallen.“ der gringo ist ein deutscher tourist, der meine geile aussicht fotografieren wollte. alleine (was man nicht tun sollte). da sind zwei typen auf dem motorrad daher und wollten ihm den rucksack entreißen. er hat sich gewehrt (was man nicht tun sollte), zum glück waren die unbewaffnet und es kommt zum handgemenge, bis ein paar meiner nachbarn sich auf die typen stürzen. einer flüchtet, der andere wird festgehalten. die frau im morgenmantel von tür 101 schießt zweimal in die luft. unter der woche ist sie polizistin, wusst ich gar nicht. dann trifft die polizei ein.
ich hab die aussage des deutschen fürs protokoll übersetzt und mir gedacht ich hab eh ganz fitte nachbarn.
Nix
Auf ebay versteigert das attac-Konsumnetz NIX an den/die Höchstbietende/n. Der Preis liegt zur Stunde bei 72 Euro, bis Samstag – dem internationalen Kauf-Nix-Tag – kann noch mitgesteigert werden.
Der Buy-Nothing-Day wird in über 80 Ländern als Aktionstag für bewussten Konsum und Protest gegen unmenschliche und umweltschädliche Herstellungsbedingungen gefeiert. Mitmachen!
Ganz normaler Überfall
jetzt also auch das. auf dem weg in die fundição progresso, wo immer gute kultur ist, bin ich allein ein dunkles stück straße entlang. was man in rio nicht machen soll. als die vier jungs auf mich zukommen hab ich überlegt „umdrehen?“ aber da wars schon zu spät. „wie spät?“, haben sie gefragt. mit ausländischem akzent fühlt man sich dann gleich noch einmal so schwach. darauf sie: „halt’s maul. gib alles her.“
nach dem mord am samstag war ich nicht zu scherzen aufgelegt und die jungs machten auch nicht den eindruck. nervös waren wir alle fünf. hab mir also die hosentaschen ausräumen lassen, ca. 45 reais und der veranstaltungsflyer. zum glück hab ich tiefergelegte hosen mit nebenfächern, wo ausweis und schlüssel drin waren. es ging alles schnell und unbürokratisch und weg waren sie. mein erster gedanke: wenn sie mich freundlich darum gebeten hätten, hätte ich ihnen keine 45 reais gegeben. was ihr verhalten irgendwie rechtfertigt.
das scheißgefühl kam erst nachher. und niemand der’s mit mir teilt. in der fundição haben sie mich auf den eintritt eingeladen, „ah so, du bist überfallen worden.“ niemand fragt wer wie wo warum und ob ich mich gefürchtet hab. passiert jedem mal, enjoy the show. kann ich nicht … nein, kann ich nicht.
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Selbstversorgung
Im Rahmen einer Demonstration gegen Arbeitslosigkeit und Ausbeutung wurde heute ein Kaufhaus am Rande von Rom geplündert. „Der proletarische Einkauf ist kein Verbrechen, sondern eine Art Streik“, erklärte dazu Luca Casarini von den Disobbedienti.
Ich denke, dass auch Slogans wie Geiz ist geil als Einladung zum „proletarischen Einkauf“ zu verstehen sind.
Zweierlei Mass
Nach dem Tod von neun Franzosen bei Luftangriffen durch Regierungstruppen der Elfenbeinküste (Côte d’Ivoire) haben französische Soldaten am Wochenende die gesamte ivorische Luftwaffe zerstört. Heute brachte Frankreich 50 Panzer vor der Residenz von Staatspräsident Laurent Gbagbo in Stellung.
Gbagbo ist kein Guter. Er führt einen rassistischen Krieg im Namen der „Ivoirité“; da genügt es oft schon, einen Nachnamen aus Burkina Faso zu haben, um verfolgt zu werden. Das militärische Vorgehen der ehemaligen Kolonialmacht – angeblich auch gegen ZivilistInnen – treibt ihm allerdings auch moderate Kräfte zu und fördert den Ausländerhass in der Bevölkerung. Chirac tut dort das, wofür er Bush im Irak kritisiert.
Frankreichs Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie bezeichnete Zerstörung der ivorischen Luftwaffe als „angemessene Reaktion“. Man stelle sich vor, Truppen eines afrikanischen Landes würden Angriffe auf ein europäisches Land fliegen, weil es dort zu rassistischen Übergriffen gekommen ist… natürlich ist das unvorstellbar.
Nichts desto trotz halte auch ich internationale Militärinterventionen im Fall von drohendem Völkermord (wie vor zehn Jahren in Ruanda, vor den Giftgasangriffen Saddam Husseins auf die irakischen Kurden, in der DR Kongo, im Sudan oder eben in Côte d’Ivoire) für notwendig. Die Frage ist, wer das legitimiert. Der UN-Sicherheitsrat vertritt keine humanitären, sondern die wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen seiner fünf ständigen Mitglieder (USA, UK, Frankreich, China und Russland). An der Elfenbeinküste geht’s vor allem um Kakao: Der Bürgerkrieg treibt die Preise in die Höhe (Kindersklaverei macht ihn billig, das hat den UN-Sicherheitsrat noch nie gestört).
Statt mit Kolonialtruppen französische Interessen zu verteidigen wäre es glaubwürdiger, diese Länder würden die Afrikanische Union mit den nötigen Mitteln ausstatten, diplomatisch, humanitär und, wenn nötig, mit bewaffneten Sicherheitskräften einzugreifen. Aber darum gehts wohl nicht.
Ein Toter und niemand schreit
gestern nacht bin ich ein paar bier trinken gegangen in lapa, dem fortgehviertel hier ums eck. so um vier uhr früh liegt da ein typ auf der straße, ungefähr 25, in einer großen blutlache. in einem kreis rundherum stehen leute, ganz nahe und fast bewegungslos. nichts passiert. er ist tot, er liegt da und ist tot, vor ein paar minuten muss er noch gelebt haben. erschossen oder erstochen, keine ahnung. die leute, viele leute stehen herum und nichts passiert. ich gehe weiter, will nach hause. wie die anderen wahrscheinlich auch bin ich froh dass nicht ich da liege.
nach einer halben stunde komme ich wieder zurück und der tote liegt immer noch da, in seiner blutlache. jemand hat einen müllsack über sein gesicht gelegt und einen auf seinen bauch, die müllsäcke sind viel zu klein um den ganzen körper zu bedecken. noch immer stehen leute herum und nichts geschieht. warum hält die welt nicht den atem an, warum schreit niemand vor verzweiflung, warum kommt keine polizei, warum bleibt alles wie es ist?
marco, mein mitbewohner, ist heute um zehn uhr vormittag dort vorbeigegangen. der tote lag immer noch dort, müllsack am kopf, allein. es macht eine furchtbare angst, wenn da niemand schreit vor verzweiflung.
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Frauenmorde und Kinderarbeit in Mexiko
Angélica de la Peña, Abgeordnete der Partei der Demokratischen Revolution Mexikos und Vorsitzende der Kinderkommission sieht einen Zusammenhang mit dem Mord an Frauen und Kindern in Ciudad Juárez und der grassierenden Kinderarbeit in der dortigen Textilindustrie. In einem Interview mit der Zeitung El Universal zitiert sie die spanischsprachige Ausgabe des Schwarzbuch Markenfirmen, in dem „se mencionan a más de 50 marcas comerciales del mundo, como Adidas, Nike, McDonalds, entre otras, las cuales recurren a menores de edad para la maquila de sus productos o mercancías.“
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