Als ich mich vor eineinhalb Jahren entschieden habe, für den Gemeinderat zu kandidieren, habe ich Open Government und Open Data als eines meiner vordringlichen Ziele genannt – wohl wissend, dass das Thema sperrig ist und in Österreich noch stiefmütterlich behandelt wird. Oder vielleicht gerade deshalb. Umso mehr hat es mich gefreut, dass es gelang, Open Data in den Rot-Grünen Koalitionsvertrag zu verhandeln – wenn auch in einer für mein Empfinden übervorsichtigen Formulierung:
Nach internationalen Vorbildern zur Modernisierung der Stadtverwaltung, wird ein Symposium veranstaltet und in weiterer Folge von einer ExpertInnen-Gruppe ein Konzept erstellt, das die Möglichkeiten und etwaige Risiken von „Open Data“ und „Open Government“ – also der freie Zugang zu bestimmten öffentlichen (nicht personenbezogenen) Daten in für Menschen und Maschinen lesbarer Form – für Wien erörtert.
Das ließ fürdererst nichts Konkretes erwarten. Doch mithilfe einer überaus aktiven und kompetenten Community und, auch das sei gesagt, auch dank der Offenheit der für das Thema ressortzuständigen Stadträtin Sandra Frauenberger haben wir, hat Rot-Grün, in einer Geschwindigkeit Fakten geschaffen, wie wir es uns in anderen Bereichen nur wünschen können: Seit gestern ist Open Data in Wien Wirklichkeit! Hier mein Kommentar dazu:
Gläserne Stadt statt Gläserne BürgerInnen – Offene Daten für alle!
Der heute präsentierte Katalog offener Daten ist eine der wichtigsten und nachhaltigsten Initiativen des Rot-Grünen Regierungsprogramms. Das ist aber erst der Beginn einer umfassenden Transparenz-Offensive.
Damit haben wir gemeinsam mit Stadträtin Frauenberger und dem Open Data-Beauftragten Johann Mittheisz einen Schnellstart hingelegt, um einer Grünen Kernforderung zum Durchbruch zu verhelfen: Mehr Transparenz und dem freien Zugang zum Datenmaterial der Stadt. Die heute auf www.data.wien.gv.at veröffentlichten Datensätze aus Bereichen Statistik, Geodaten, Verkehr und Wirtschaft sind aber erst der Anfang: Daten sind der nachwachsende Rohstoff einer Wissensgesellschaft. Dieser Rohstoff wurde mit öffentlichen Mitteln gewonnen, es ist daher nur logisch, wenn er auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt wird. Und zwar roh, sprich: maschinenlesbar, damit er von möglichst vielen kleinen Unternehmen und Initiativen weiterverarbeitet werden kann. Damit profitieren nicht nur die BürgerInnen von der Verwaltung, die Verwaltung profitiert auch vom Wissen der BürgerInnen.
Wohin fließen meine Steuern?
Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass Budgetdaten grafisch aufbereitet werden können und BürgerInnen besser sehen, wohin ihre Steuern fließen. Wie das aussehen kann zeigt z.B. die britische Seite wheredoesmymoneygo.org. Länder wie die USA und Großbritannien sind hier bereits wesentlich weiter. Wien übernimmt hier in Österreich eine Vorreiterrolle.
Sukzessive sollen alle nicht personenbezogenen Daten, Archive und Kartenmaterial der Gemeinde und der städtischen Unternehmen freigegeben werden, bei denen es keine schwerwiegenden Gründe gegen eine Veröffentlichung gibt. So etwa die Fahrplandaten der Wiener Linien, die derzeit nur von einem Unternehmen genutzt werden dürfen, was dem Prinzip des öffentlichen Eigentums widerspricht: Das Prinzip heißt: Gläserne Stadt statt Gläserne BürgerInnen, also Transparenz der Verwaltung anstelle des Überwachungsstaates.
Politische Entscheidungsprozesse nachvollziehbar machen
Viel zu tun gibt es auch noch im Bereich „Open Government“, also der Nachvollziehbarkeit und BürgerInnenbeteiligung bei politischen Entscheidungsprozessen. Hier könnten zum Beispiel Anträge und Gesetzesvorlagen in Webforen vor der endgültigen Entscheidung
diskutiert werden. Ich blogge als einziger Abgeordneter selbst regelmäßig aus den Kulturausschüssen. Auch Videos der Debattenbeiträge in Gemeinderat und Landtag sollten nach unserer Ansicht „on demand“ dauerhaft und nicht nur als Livestream auf wien.gv.at zur Verfügung gestellt werden.Zum Abschluss noch ein Beispiel aus Deutschland, das auch hier Schule machen könnte: Mit der Smartphone-Applikation „Bundestag“ können BürgerInnen jederzeit nachvollziehen, in welchen Ausschüssen, Vereinsvorständen und mit welchen Nebenbeschäftigungen Abgeordnete tätig sind und wie sie dann bei Gesetzen abstimmen. Korruptionsfälle wie Strasser, Grasser und Co. würde eine solche Transparenzoffensive zumindest erschweren.
PS: Binnen weniger Stunden nach Veröffentlichung der Datensätze hat Robert Harm daraus bereits die erste Anwendung gebastelt – hilfreich für sehr existenzielle Probleme: Die Toilet Map Vienna
Es gibt seit einiger Zeit ein eigenes Stadtplanservice von der Stadt Wien, welches im Layout und den Funktionen etwas an G* Maps angelehnt ist: http://www.wien.gv.at/stadtplan/
Es muss dazu auch eine API geben, weil ich zumindest einen Anbieter kenne, der auf diese Geodaten (und weitere) zugreift. Ich denke aber, dass abseits von Adresssuche und einbetten einfacher Maps auf die eigene Webseite von Seiten der Stadt derzeit offiziell nichts möglich ist.
Bei Deinem Referat am eGovBarcamp im Dezember haben wir uns einen schnellen Start von Open Data für Wien ausgemalt: http://prezi.com/y9ifyp0gphks/open-government-data-carpe-diem/
Und das ist fast genau so gekommen.
Super.
Diese ersten Schritte sind ein wichtiger Schritt und guter Start!
Für alle die sich in das Opendata Thema etwas reinhören wollen, gibt’s hier einen recht guten Podcast aus Deutschland http://chaosradio.ccc.de/cr167.html. Da wird über sehr konkrete Beispiele diskutiert. In Berlin sind sie ähnlich weit wie in Wien bei den Verkehrs- und Fahrplandaten. München ist fortschrittlicher.
Das wirtschaftliche Potenzial von z.B offenen Wetterdaten im Vergleich USA und Deutschland ist enorm. Es gibt in USA einen X-fach grösseren Markt für Wetterdaten, einfach weil diese Daten frei sind und jeder Sie nutzen kann um kommerzielle Produkte zu erstellen. Kreative können durch die Veredelung Wertschöpfung erzeugen.
Also reinhören, Es könnte die eine oder andere Idee inspirieren!
Roland Oth
Komplimenten für mehr Offenheid nach Wien! Gibt es auch offene Geodaten? (ich meine die ganze Topografie)
Gruss,
Jw.