Letzte Woche habe ich zehn Vorschläge für eine solidarischere und nachhaltigere Politik gemacht. Heute will ich darüber reden, was jeder und jede einzelne dazu beitragen kann.
Ich muss gestehen, dass mir das besonders schwer fällt. Denn ich kann und will niemandem sagen, wie er oder sie zu leben hat. Wir alle haben unterschiedliche Bedürfnisse und Möglichkeiten, und das ist auch gut so. Tatsache ist aber, dass – entschuldigt die Ausdrucksweise – die Scheiße am Dampfen ist: Wirtschaftskrise, Energiekrise, Demokratiekrise, Rassismus, Klimawandel, Armut, Hunger, Umweltzerstörung und so weiter und so fort – all das verlangt danach, dass wir politische Entscheidungen nicht mehr den Mächtigen überlassen, sondern uns selbst an der Gestaltung unserer Zukunft und der Zukunft des Planeten beteiligen.
Jeder und jede von uns hat unterschiedliche Möglichkeiten „was zu tun“. Wir können uns im Freundeskreis, in der Nachbarschaft, in Vereinen, Organisationen wie Greenpeace oder Attac, Parteien und Gewerkschaften etc. engagieren, im beruflichen Umfeld, in Erziehung und Bildung, auf lokaler und globaler Ebene. Wir können bewusster konsumieren, also zum Beispiel regional, ökologisch oder „Fairtrade“ oder einfach mal weniger einkaufen, weniger fliegen, weniger Autofahren, weniger Fleisch essen. Doch all das lässt sich nicht über einen Kamm scheren, eben weil wir so verschieden sind.
Mich interessiert daher vor allem, wie wir unsere Möglichkeiten vergrößern können. Und mir sind dazu vier Punkte eingefallen, die ich hier zur Diskussion stellen möchte:
1. Lebe deine Träume!
Die meisten von uns lernen von Kindheit an, die Erwartungen anderer zu erfüllen: Du sollst nicht widersprechen, du sollst nicht frech sein, nicht auffallen, mehr arbeiten, reich und erfolgreich sein, keine Schwächen zeigen, nicht traurig sein, aber auch nicht soviel lachen, du sollst, du sollst … Warum fragt eigentlich keiner, was wir gerne tun würden und wie wir gerne wären, und zwar ganz unabhängig von dem, was angeblich möglich ist und was andere erwarten? Jeder Mensch hat eigene, ganz unterschiedliche Träume und Wünsche. Doch viele wissen irgendwann gar nicht mehr, was sie eigentlich wollen. Zu oft hat ihnen jemand gesagt: Das geht nicht, hör auf zu träumen, vergiss es. Irgendwann vergessen wir es tatsächlich und versuchen, so glücklich zu werden, wie wir es gelernt haben: mit Ellbogentechnik, nach fremden Vorbildern, nach den Versprechungen der Werbeindustrie, durch Konkurrenz und Egoismus. Doch erst wenn wir uns zugestehen, mitsamt unseren Eigenheiten, Träumen und Schwächen akzeptiert zu werden, sind wir bereit dafür zu kämpfen, dass auch unsere Mitmenschen in Würde leben und ihre Träume verwirklichen können.
2. Informiere dich und andere!
Immer in der Geschichte waren es gut informierte Minderheiten, die etwas zum Positiven verändert haben. Egal ob das der Kampf für die Abschaffung der Sklaverei, für Demokratie, Frauenrechte, Arbeitsrechte, Minderheitenrechte, Umwelt- oder Tierschutz war. Informationen sind nicht neutral, fast immer stehen Interessen dahinter. Je genauer wir diese Interessen erkennen, desto besser können wir Informationen kritisch nutzen – egal ob sie aus Büchern, Massenmedien, dem Internet oder persönlichen Gesprächen stammen. Wenn wir nicht wollen, dass die Welt wie eine Ware gehandelt wird, wenn wir uns nicht verkaufen lassen wollen, dann dürfen wir uns vor allem nicht für dumm verkaufen lassen.
3. Gemeinsam und lustvoll handeln!
Allein geht gar nichts. Natürlich kann jeder seinen persönlichen Privatboykott gegen irgendein böses Unternehmen starten. Nur: Das kratzt niemanden. Wer versucht, seine eigene kleine Weltrevolution gegen das Böse da draußen anzuzetteln, endet meist frustriert. Die Kinder, die für die Profite von McDonald’s oder Nestlé in Asien oder Afrika bis zum Umfallen schuften, haben überhaupt nichts davon, wenn wir hier deprimiert dasitzen und sagen „Ogottogott, wie schrecklich!“ Sie haben viel mehr davon, wenn wir uns gemeinsam mit anderen engagieren und zum Beispiel kreative Aktionen organisieren, mit der wir öffentliche Aufmerksamkeit für diese skandalösen Zustände erzeugen. Denn nur diese öffentliche Aufmerksamkeit zwingt Politik und Konzerne dazu, etwas an der heutigen Situation zu ändern.
4. Zivilcourage zeigen!
Die Verletzung von Menschenrechten ist nur möglich, wenn alle zuschauen und niemand eingreift. Deshalb müssen wir schon im Alltag beginnen, laut und deutlich „Nein!“ zu sagen, wenn Menschen diskriminiert werden oder Machtmissbrauch stattfindet. Bei rassistischen, sexistischen oder homophoben Äußerungen und Übergriffen, bei Mobbing in der Schule oder am Arbeitsplatz – überall dort, wo jemand unsere Hilfe und Solidarität braucht.
ich träum davon, dass viele Menschen DAVON erfahren!
Christane Brunner über den Verlauf des Tierschutz-Prozesses gegen AktivistInnen:
Am Montag war ich beim Prozess gegen 13 TierschützerInnen in Wr. Neustadt. Beim Verfolgen der Verhandlung wurde wieder mal deutlich wie verfehlt §278a ist, wie ungeheuerlich er im konkreten Fall angewendet wird und welche Folgen er weiterhin haben könnte.
Behandlung von AktivistInnen
Nicht nur, dass TierschutzaktivistInnen in Österreich in Untersuchungshaft kommen – was mich immer noch erschüttert, sind mir auch im Verhandlungssaal die Bedingungen, die die AktivistInnen zu ihrer eigenen Verteidigung haben, aufgefallen. Eng gedrängt auf ziemlich harten Bänken, ohne Computer und mit Mittagspausen so kurz, dass man kaum fertig essen kann – unter diesen Bedingungen müssen die AktivistInnen ihre Verteigung vornehmen.
Kriminalisierung von Demonstrationen und ganz normaler NGO-Arbeit
Die Anwendung von §278a führt dazu, dass angemeldete und legale Demonstrationen im Prozess untersucht und damit in Verbindung mit allfälligen kriminellen Handlungen gebracht werden. Wenn es zu einzelnen Sachbeschädigungen kommt, dann sollen diese auch als Sachbeschädigung gewertet und bestraft werden. Es kann aber nicht sein, dass auch andere anwesende Personen kriminalisiert werden und als kriminelle Organisation angesehen werden. Denn dann gefährdet das massiv das Recht auf Demonstration. Es wird ja auch niemand auf die Idee kommen alle Fussballfans zu kriminalisieren, nur weil es einzelne Fussballfans (und hier sogar Gruppen) gibt, die zu Ausschreitungen neigen.
§278a darf so nicht weiter bestehen bleiben!!