Vergangene Woche sorgte die Aktion eines TV-Comedians am Opernball auch international für Empörung: Er schminkte sich schwarz, um sich einer amerikanischen Celebrity zu nähern. Blackface, also die Repräsentation schwarzer Menschen durch Weiße mithilfe dunkler Schminke, steht in einer Tradition rassistischer Stereotype und ist daher in aufgeklärten Gesellschaften verpönt. In den Vereinigten Staaten des 19. Jahrhunderts spielten weiße, schwarz geschminkte Schauspieler einem weißen Publikum in sogenannten Minstrel-Shows herabwürdigende Stereotype von Schwarzen vor: Diese wurden als ständig fröhliche, singende, betrunkene und naive SklavInnen dargestellt, die ihre BesitzerInnen trotz harter Arbeit lieben.
Der Sender Puls 4 hat sich daraufhin „in aller Form für diesen inakzeptablen Auftritt“ entschuldigt. Der Privatsender nutzte die Gelegenheit für einen Schritt zur Aufklärung und bemühte sich damit zur Sensibilisierung beizutragen – ein hierzulande leider unüblich konstruktives Vorgehen.
Gleichzeitig wurden auch in Wiener Kulturinstitutionen ähnliche Fälle bekannt: Mit Blackface-Plakaten wird zurzeit eine Aufführung von „Otello darf nicht platzen“ im von der Arbeiterkammer betriebenen Theater Akzent beworben. Nachdem ich vor einigen Wochen auf den rassistischen Konnex hingewiesen hatte, reagierte die Theaterleiterung sofort, nahm die Blackface-Motive von der eigenen Homepage und distanzierte sich dort sogar von dem Stück. Die eingemietete Produktion habe die zunächst getätigte Zusage, die Werbemittel neu zu produzieren, zurückgezogen, erzählt der Theaterleiter, „da sie das Stück nicht anders bewerben kann.“ Die Wiener Theatermacherin Asli Kislal berichtet über ein Gespräch mit dem Produzenten Bruno Thost, für ihn sei Blackface eine „Theatertradition“, außerdem würden nunmal alle Schwarzen gleich aussehen.
Seit gestern sieht sich auch das Flaggschiff der Wiener Kulturpolitik, die Wiener Festwochen, mit dem Vorwurf der mangelnden Sensibilität gegenüber solchen rassistischen „Traditionen“ konfrontiert: Pamoja, die Bewegung der jungen Afrikanischen Diaspora in Österreich, übt gemeinsam mit zahlreichen Organisationen aus dem In- und Ausland heftige Kritik an der geplanten Aufführung des Theaterstücks „Die N…“ von Jean Genet in der Fassung von Johan Simons.
Auch hier sind in der Ankündigung Blackface-Motive zu sehen, außerdem gilt die Verwendung des N-Wortes im heutigen Sprachgebrauch als schwere rassistische Beleidigung. Eine sehr lesenswerte Übersicht über Begrifflichkeiten und Alternativen findet sich hier. In anderen Ländern wäre es heute undenkbar, zum Beispiel den Begriff „The N…“ als Übersetzung des französischen Originaltitels aus dem Jahr 1948 zu verwenden: Auf Englisch heißt das Stück „The Blacks“. Warum also nicht auch auf Deutsch eine zeitgemäße Übersetzung wie „Die Schwarzen“?
Diese Frage habe ich dem von mir sehr geschätzten Festwochen-Chef Markus Hinterhäuser gestellt. Und ich halte das Argument, man dürfe historische Namen und Stoffe nicht verändern, ehrlich gesagt für kleingeistig und provinziell. Es geht auch nicht um die Abschaffung von Mozartopern oder Shakespeare-Stücken, sondern um eine zeitgemäße Sprache und um Respekt vor jenen, die auch heute noch tagtäglich von rassistischer Diskriminierung betroffen sind. Keine namhafte Kulturinstitution würde beispielsweise heute antisemitische Stereotype unreflektiert wiedergeben, warum tun wir es aber trotz einer Geschichte kolonialer Verbrechen bei Menschen mit afrikanischen Wurzeln?
Kein Mensch sieht die abendländische Kultur bedroht, wenn das Nibelungenlied heute auf neuhochdeutsch gelesen wird, warum also nicht auch zeitgemäße Begriffe finden, die nicht jene verletzen, die ohnehin unter latentem Alltagsrassismus zu leiden haben? Muss sich der ausgerechnet in der Kunst wiederholen? Und so wie der Däne Hamlet nicht nur von dänischen SchauspielerInnen gespielt werden kann, so kann er eben – ebenso wie Othello – von Schwarzen oder Weißen gespielt werden, ohne dass man ihnen dafür eine andere Hautfarbe ins Gesicht pinseln muss. Besteht die Kraft von Theater und gutem Schauspiel nicht darin die Imagination zu wecken?
Das Stück von Jean Genet selbst stellt im Original übrigens eine beißende Kritik an rassistischen Stereotypen dar. Außerdem hat Genet zu Lebzeiten ausdrücklich darauf bestanden, dass es – anders als bei der nunmehrigen Produktion der Festwochen mit nur einem schwarzen Schauspieler – ausschließlich von Schwarzen gespielt werden solle: Das Stück sei schwarzen Darstellern auf den Leib geschrieben und für weiße durchaus ungeeignet, zitiert der „Spiegel“ Genet im Jahr 1964.
Offenbar herrscht hierzulande noch wenig Sensibilität für die diskriminierende und verletzende Wirkung rassistischer Stereotype und Begriffe. Wollen die Festwochen als internationales Aushängeschild von Wien nun weiter dazu beitragen, dass wir uns zum Beispiel in den USA fragen lassen müssen „Ist das normal in Österreich, dass sich Leute das Gesicht zum Spaß schwarz anmalen und Leute beleidigen?“ oder „Ist Österreich wirklich so rassistisch wie immer alle sagen?“, wie die Wiener Zeitung die Folgen des Blackface-Vorfalls am Opernball beschreibt? Und damit international wieder einmal Reaktionen provozieren, „die all das bestätigen, was man dort immer schon über Österreich im Allgemeinen und Wien im Besonderen weiß, beziehungsweise zu wissen glaubt“? Oder wollen sich die Festwochen als provinzielle „Narren unter Narren“ in einer „karnevalesken Umgebung“ positionieren, wie Falter-Kulturredakteur Mathias Dusini den Vorfall beim Opernball beschreibt?
Wäre es da nicht einem weltoffenen und avantgardistischen Kulturauftrag angemessener, die Kritik an der Präsentation der Genet-Aufführung zum Anlass zu nehmen, rassistische Bilder und Begriffe zu korrigieren? Und jedenfalls die KritikerInnen einzuladen, im Umfeld der Premiere einen Beitrag zur Aufklärung und Sensibilisierung einzuladen? Die abendländische Kultur geht nicht unter, wenn sie die rassistischen und kolonialen Bilder ihrer Vergangenheit zeitgemäß interpretiert und kontextualisiert. Sie bleibt stehen und verrostet, wenn sie das nicht tut.
Simon Inou: Warum kein Blackface?
http://www.wienerzeitung.at/meinungen/gastkommentare/616393_Warum-kein-Blackface.html
Wer hat Angst vor selbstbewussten Schwarzen?
http://www.m-media.or.at/meinung/kommentar/blackface-in-osterreich-wer-hat-angst-vor-selbstbewussten-schwarzen/
Mit der Verlinkung tun Sie der eigenen Sache nichts Gutes. Simon Inou führt sicher viele richtige Punkte an, aber wenn er schreibt, dass Genet bis zu seinem Tod auf schwarzen Schauspielern bestanden hätte, zeigt er grobe Unkenntnis der Werkgeschichte – für Peter Steins Schaubühnen-Inszenierung hat er weiße Schauspieler dezidiert „erlaubt“ und das Stück sogar umgearbeitet … Wenn man über ein Werk spricht, muss man auch seine Geschichte kennen…
Sehr geehrter Herr Klaus Werner-Lobo,
als einer der Hauptdarsteller der verurteilenswerten „Otello darf nicht platzen!“ Produktion im Theater Akzent muss ich leider auf Ihren Beitrag reagieren, da Sie den Vorfall am Opernball, die Festwochenproduktion „Die Neger“ und unsere Produktion sehr gezielt in einen Topf werfen und undifferenziert mit Rassismusvorwürfen in Verbindung bringen. Danach zu schreiben: „wo hab ich “skandal! verbieten! bestrafen!” geschrien?“ kann ich nicht ernst nehmen, da Sie ganz genau wissen, welche Auswirkung es auf ein Stück hat, wenn man es in rechte Eck stellt und die PR-Arbeit im Theater sabotieren lässt!
Wie schon manche Vorposter (ich schaffe es leider nicht, es so pointiert auszudrücken, wie Bruno Max), möchte ich darauf hinweisen, dass die schwarze Maske in dieser Komödie nichts mit der Blackfacing-Tradition der Minstrel Shows gemein hat. Es spielt hier kein Weißer einen Schwarzen, es kommt nicht einmal ein Schwarzer in dieser Komödie vor. Ein Opernsänger trägt im Stück sein Opernkostüm einer Otello-Inszenierung der 30er Jahre, ebenso ein mäßig begabter weißer Bürohengst. Die übrigen Mitspieler werden sogar als „Idioten, die den Unterschied gar nicht merken würden“ bezeichnet, noch dazu liegen zwischen uns beiden Hauptdarstellern 20cm Größenunterschied. In keiner Sekunde werden Schwarze denunziert oder lächerlich gemacht. Auch wird nie behauptet, dass alle Schwarzen gleich aussehen – es wird die Behauptung aufgestellt, dass 2 Menschen in Kostüm und Maske verwechselt werden, eine dramaturgische Grundbehauptung, die seit jeher in Shakespearkomödien akzeptiert wird. Ich persönlich halte mein Publikum grundsätzlich für intelligent genug, hier differenzieren zu können!
Ich verstehe, dass man Fotos der Produktion, ohne sich irgendwie mit den Inhalten auseinanderzusetzen, irritierend finden kann. Dass ein Wiener Theaterleiter allerdings den Inhalt dieser Komödie nicht kennt, finde ich – gelinde gesagt – überraschend. Sie lief ja bloß von 1990 bis 2009 in den Wiener Kammerspielen mit Schauspielern wie Otto Schenk oder Erwin Steinhauer, im Vorjahr im Vienna English Theatre oder im Jahr davor u.a. im Theater Center Forum und stadtTheater Walfischgasse. Gar nicht so wenige Darsteller, die sich nun den Rassismusvorwurf gefallen lassen müssen.
Auf Ihrer Homepage (http://klauswerner.com/wp-content/uploads/2008/05/7.jpg) findet sich ein interessantes Foto, auf dem Sie im Kostüm eines amerikanischen Ureinwohners zu sehen sind, der zumindest nicht intelligente Gesichtsausdruck lässt hoffentlich auf eine Komödie zurückschließen. Darf ich hier auf den rassistischen Konnex hinweisen, oder ist das im Falle eines „Die Grünen“ Politikers doch differenziert und vorurteilsfrei zu betrachten?
Lieber Herr Leskovich,
ich habe mit keinem Wort das Stück oder die Inszenierung kritisiert, die ich nicht kenne. Ich habe mich lediglich auf die Bewerbung mittels Blackface bezogen, von der Sie selbst sagen dass man sie irritierend finden kann. Das ist geschehen, es irritiert und beleidigt Opfer von Rassismus, und darauf habe ich hingewiesen.
Zu Ihrem Hinweis auf das Foto, das mich in klischeehafter Verkleidung eines native American zeigt, muss ich sagen: touché. Es stammt aus einer Clownnummer, die ich in Salvador (Brasilien) und in Guanajara (Mexiko) vor größtenteils nichtweißem Publikum gespielt habe und in der ich mich über mich selbst und exotistische eurozentrische Projektionen lustig gemacht habe. Regie führte ein Afrobrasilianer, im selben Rahmen traten auch indigene Clowns (Hotxua) auf. Da dieser Kontext aus dem Foto nicht ersichtlich ist habe und mir das erst aufgrund Ihres Hinweises bewusst wurde habe ich es von der Homepage genommen. So wie ich eben keine Sekunde zögern würde entsprechende Hinweise von Betroffenen oder ExpertInnen ernst zu nehmen.
Wie ich hier schon geschrieben habe: Niemand von uns ist angesichts unserer Geschichte davor gefeit rassistische Stereotype zu reproduzieren. Die Frage ist, ob wir bereit sind diese (selbst)kritisch zu reflektieren oder ob wir auch dann auf ihnen beharren, wenn wir darauf – vor allem von Betroffenen – hingewiesen werden. Zweiteres halte ich zumindest für unsensibel.
Herr Lobo, wenn Sie sich über „exotistische eurozentrische Projektionen lustig gemacht haben“, dann ist das keinesfalls Rassismus.
Wenn ich ein Wort, dessen Amerikanische Übersetzung zum Schimpfwort verballhornt wurde, weiter verwenden will, dann ist es Rassismus.
Ich verstehe.
Genau so ist Homosexualität keinesfalls negativ zu sehen, ausgenommen bei katholischen Geistlichen.
Wissen Sie, der Streit um Worte ist einfach lächerlich und geht am Problem vorbei.
Man kann auch mit den korrektesten Worten diskriminieren. Wenn ich es darauf anlege, kann ich Schwarzer oder amerikanischer Ureinwohner so verwenden, dass es den Betroffenen die Zornesröte zu Recht auf die Stirne treibt.
Sie haben die Bedeutung von „über mich selbst und exotistische eurozentrische Projektionen lustig“ machen nicht sinnerfassend gelesen, oder? Den Streit um Worte könnte man sich ersparen indem man einfach akzeptiert wodurch sich seit Jahrhunderten unterdrückte Minderheiten verletzt fühlt und ihnen ausnahmsweise mal die Definitionsmacht über sich selbst überlässt.
Sehr geehrter Herr Werner-Lobo,
Als ich das Foto auf Ihrer Homepage gefunden habe, bin ich selbstverständlich keine Sekunde davon ausgegangen, dass Sie in irgendeiner Art und Weise in Ihren Programmen amerikanische Ureinwohner herabgewürdigt haben, sonst hätte man das Foto ja gar polemisch für eine Presseaussendung verwenden können. Warum? Weil ich mich kurz über Ihren Werdegang und ihre politischen Positionen informiert habe. Ein Aufwand von weniger als 2 Minuten. Auch die Headline Ihres „Warum ich Rassist bin“ Artikels ließ mich nicht annehmen, Sie würden Sich darin als strammer Rechter outen. Dass Sie nun zur Selbstzensur greifen und das Foto entfernen, obwohl jeder denkende Mensch Ihnen einen Vertrauensvorschuss schenken müsste und in Folge etwas über Ihre Südamerikareisen erfahren könnte, finde ich schade.
Sie zitieren mich, lassen aber gekonnt den halben Satz weg: „Ich verstehe, dass man Fotos der Produktion, OHNE SICH IRGENDWIE MIT DEN INHALTEN AUSEINANDERZUSETZEN, irritierend finden kann.“
Genau diese Auseinandersetzung erwarte ich aber, bevor ich urteile, bevor ich einen rassistischen Hintergrund voraussetze und mich beleidigt fühle. Die beiden Figuren mit schwarz gefärbten Gesicht sind untrennbar mit dem Stück verbunden. Wer sich nur 2 Minuten über das Stück informiert, wird herausfinden, dass es nicht rassistischer Natur ist (siehe oben). Und ich fände es unsensibler, übervorsichtig zu agieren und deshalb sicherheitshalber zur Zensur zu greifen.
Wenn Sie nun sagen: Jede Farbe im Gesicht ist rassistisch und aus! – so kann ich nur erwidern, dass es IMMER auf den Kontext ankommt. Joachim Losehands Kommentar weiter unten geht meiner Meinung nach sehr intelligent und differenziert auf die Problematik ein.
Sie erwarten von PassantInnen die das Blackface-Plakat in Wien sehen dass sie sich mit den Inhalten auseinandersetzen? In einer Stadt, in der Menschen aufgrund ihrer Hautfarbe von Behörden, Medien etc. als Kriminelle verdächtigt werden? Haben Sie schon mal drüber nachgedacht wie es für Schwarze ist TÄGLICH mit Alltagsrassismus und dann auch noch mit solchen Plakaten konfrontiert zu sein? Und warum verdammt nochmal können Sie als Angehöriger einer extrem privilegierten Mehrheitsbevölkerung und als Künstler nicht einfach deren eh schon sehr bescheidene Bitte nach diesem kleinen bisschen Respekt akzeptieren ohne diese groß zu hinterfragen? Wie kann man sein Selbstverständnis als Künstler aufrecht erhalten wenn man nichtmal zu diesem kleinen bisschen Sensibilität und Empathie imstande ist? Ich find ehrlich gesagt diese wehleidige Diskussion unter uns privilegierten Weißen schön langsam müßig, reden Sie doch einfach mal mit Schwarzen und MigrantInnen drüber, und wenn’s Ihnen gelingt ein bisschen runter vom hohen Ross zu kommen und in deren tägliche Lebensrealität einzutauchen können Sie als Schauspieler davon nur profitieren, versprochen!
Lieber Klaus,
Sensibilität gilt doch wohl für beide Seiten. Warum darf ich mir nicht ebenfalls erwarten, dass sich die betroffene Community auch mit meiner Aussage auseinandersetzt und nicht bloß, die Verwendung von Wörtern oder Bildern unreflektiert kritisiert. Die entsprechenden Wörter und Abbildungen befinden sich auf keinem Index und sind ja wohl nicht verboten. Und es gehört doch wohl zu unserer wohlvertreidigten Meinungsfreiheit über ein Thema schreiben, sprechen, diskutieren zu dürfen, wie ich es für richtig halte. Und wenn es jemand es für richtig findet, die entsprechenden Wörter und Abbildungen zu verwenden – möglicherweise auch um absichtlich zu provozieren um eine Diskussion über das Thema anzuregen – dann ist das in einem legalen und rechtlich vollkommen korrekten Rahmen. Ob es moralisch oder ethisch richtig ist, ist eine höchst persönliche Einschätzung, die sich auch aus einer Meinungsbildung einer Gesellschaft bildet, die aber wohl kaum mehr möglich ist, wenn man entsprechende Diskussionen durch Sprachpolizeiliche Methoden verhindern möchte.
Georg, ich möchte darüber wirklich so wenig wie möglich reden, weil es mich schon ankotzt das KünstlerInnen, Intendanz, Regisseure, TänzerInnen, DarstellerInnen, Menschen, Brunos, Marikas usw usf…es einfach nicht kapieren möchten (ich hoffe nicht wegen des Profites) das es sich hier um ganz was anderes handelt, als das was du bzw. alle hier von euch gibt. Es ist wirklich sehr erstaunlich was ihr da schreibt, aber nicht wirklich versteht bzw. verstehen möchtet…! Deshalb möchte ich nur sagen – malt euch nicht an! Weil sobald ihr das tut, verkörperst du einen Menschen mit einer anderen Hautfarbe! Vergleich das einfach so. Auf was bist du an deinem Körper, Geist, Kutlur heikel? So, und jetzt stell dir mal vor, ich mache mich gewollt oder ungewollt über deine Farbe, Kultur, Körper oder Geist lustig. So, und jetzt stell dir vor ihr wart die unterste Klasse – und das es seit der Kolonialzeit so weiter. So, nun stell dir vor Menschen, PolitikerInnen, KünslerInnen machen sich auf Kosten deiner Farbe usw lustig…. Nun stell dir vor, das mache. Tausende Menschen Produktionen Intendanten Brunos Marikas ohne Rücksicht…. Checkst du es jetzt? Wenn nicht,…kann ich nichts mehr tun. Wie kann man sowas verteidigen?! Verstehst du es? Genauso wenig checkt es der Bruno Max!! Das sag ich auch allen ins Gesicht, und das würde mich sogar freuen.
Das ist so flach und banal, es tut mir leid. „Weil sobald ihr das tut, verkörperst du einen Menschen mit einer anderen Hautfarbe!“ – Nein, um Himmels willen! Nicht, dass in der Kultur jemand einen anderen verkörpert, wo kämen wir denn da hin! Jeder hat nur er oder sie selbst zu sein und darzustellen, niemand anderen! Und weiße Schauspieler dürfen nur weiße Schauspieler spielen, sonst nichts!
Ich glaube die Diskussion setzt am falschen Punkt an, wenn man sie auf „Otello darf nicht platzen“ bezieht. Denn gerade bei diesem Stück ist das blackfacing nur eines der Probleme und meiner Meinung nach das geringere. Vielmehr liegt im Stück selbst schon ein unreflektierter Rassismus, da es davon ausgeht, dass zwei Schwarze nebeneinander nicht zu unterscheiden sind, egal ob geschminkt und ironisch gemeint. Dies geht auf eine rein weiße Sichtweise zurück. Da ist es auch egal, ob es „eigentlich“ nur um Opernsänger und eine Parodie auf sie geht oder nicht. Die Grundannahme bleibt eine rassistische.
Das zu hinterfragen wäre eigentlich auch die Aufgabe von Kunst. Man kann kreativ da ran gehen und das ganze brechen. Oder man kann es unreflektiert auf die Bühne setzten und Gewohnheiten weiter pflegen.
Warum sich Theaterschaffende (und ich nehme mich da nicht ganz aus) gerade wenn es um den Theaterinternen Rassismus der sich in den letzten hundert Jahren eingeschlichen hat, mit allem möglichen wehren, verstehe ich nicht. Rund 20% der Absolventen von staatlichen Schauspielschulen haben einen Migrationshintergrund, trotzdem sieht man sie kaum auf der Bühne (oder nur in klischeebeladenen Rollen). Wenn man dann noch die ganze blackfacing Debatte dazurechnet, kann man nicht einfach die Augen verschließen.
Gerade auch mit so einer leichtfüßigen Komödie wie „Otello darf nicht platzen“ könnte man da einen Beitrag leisten. Das Stück gegen den Kamm kehren und gewisse Strukturen entlarven. Kreativität und vor allem Sensibilität ist auch hier das Stichwort. Vielleicht passiert dies auch einmal. Ich lasse mich gerne überraschen …
Ich lasse mich – als rein rezipierender Theaterbesucher – gerne eines Besseren belehren, jedoch habe ich die Kernaussage von „Lend Me A Tenor“ immer dahingehend verstanden, daß ab einem bestimmten Stadium der Berühmtheit eines Stars nicht mehr die Leistung, sondern allein der Name des Stars zählen.
Das heißt für mich, das Stück „funktioniert“ ohne Abstriche, auch wenn es nicht Verdis Oper „Otello“ ist, deren Premiere auf dem Spiel steht, sondern irgendein anderes beliebiges box-office-sensation-Musiktheater, bei dem die Hauptperson aufgrund von Maskierung und Kostüm nicht vom Publikum erkannt wird, sondern es selbstverständlich annimmt, daß der angekündigte Star auch tatsächlich singt.
Insofern halte ich die Verkleidung oder die Hauptrolle der Oper nicht für wesentlich und damit auch die „Grundannahme“ für falsch, daß die Botschaft des Stückes ist, daß implizit davon auszugehen sei, daß „zwei Schwarze nebeneinander nicht zu unterscheiden sind“, denn – zwei Weiße oder überhaupt zwei Menschen auf der Bühne sind es in Maske und Verkleidung ja auch nicht.
(Allerdings muß ich aus eigener Erfahrung auch anmerken – und das ist *nicht* relativierend gemeint – daß weiße Europäer oder Nordamerikaner beispielsweise für Chinesen prima vista auch alle ziemlich gleich aussehen und wir großnasigen Ausländer unter „Chinesen“ ja auch meistens nur die Han-Chinesen verstehen, die wir von den über 50 weiteren Völkern Chinas nicht visuell unterscheiden können, mit Ausnahme vielleicht der Mongolen im Norden und der Tibeter im Süd-Westen. Das Phänomen ist durchaus wissenschaftliches Forschungsgebiet in den USA, mit dem afaik Zwischenergebnis, daß Menschen allgemein jeweils die Angehörigen der eigenen sozialen Gruppe differenzierter wahrnehmen, als die anderer, „fremder“ oder fernstehender Gruppen.)
Dieser ganzen hier diskutierten Problematik ließe sich natürlich leicht abhelfen, indem man das Stück unter „Tenor gesucht!“ oder „Sopran gesucht“ adaptiert und die im Deutschen titelgebende Oper gegen eine andere – ebenso dramatisch nötig zugkräftige auswechselt. Was ohne Einwilligung der Rechteinhaber (Ken Ludwig) des Originalstücks natürlich nicht geht. Also leider doch nicht: „leicht“.
Allerdings, wenn ich mir den großen Erfolg des Stückes in Ländern mit einem weitaus größeren Anteil an Schwarzen (USA, GB) seit seiner Premiere 1989 und dessen dokumentierte kritische Rezeption und durchgängige „blackface“-Aufführungspraxis bspw. in den USA bis heute anschaue, frage ich mich doch, ob wir hier in Wien nicht gerade eine am Kern vorbeigehende Stellvertreter-Debatte führen.
Nachtrag: Wer sich für das Forschungsgebiet “zwei Schwarze/Weiße/Asiaten nebeneinander sind nicht zu unterscheiden” interessiert, findet internationales wissenschaftliches Material unter den Stichworten „Cross-Race-Effect“, bzw. „Cross-Race-Bias“, „Other-Race-Bias“ oder „Cross-Race-Identification-Bias“. Und es soll jeder selbst einschätzen, in wieweit diese Phänomen unter „unreflektierter Rassismus“ einer „rein weiße[n] Sichtweise“ fällt.
Unsere Überlegungen gehen durchaus in eine ähnliche Richtung. Was ich sagen wollte ist, dass man nur kreativ mit dem Stück umgehen muss. Ganz praktisch; dazu braucht es nicht einmal das viele Theoretisieren, was hier stattfindet.
Es gibt eine Musicalfassung von „Lend me a Tenor“, die zur Zeit auch in Leipzig zu sehen ist. Dort funktioniert es meine Wissens nach, ohne blackfacing sondern über, durchaus auch klischeebeladene, andere optische Merkmale eines Tenors.
Meine Kritik bezieht sich eher darauf, altbekanntes einmal zu hinterfragen und nicht immer standardmäßige Theaterelmente zusammenzufügen.
P.S.: Der „cross-race-effect“ ist mir durchaus bekannt. Die Frage ist nur, ob so etwas auf der Bühne innerhalb von „Otello …“ thematisiert wird oder es nicht doch einfach nur profan um das Lachen über zwei angemalte Gesichter geht. ich glaube da denken wir einfach zuweit …
Pingback: Theater Akzent: »Otello darf nicht platzen« | Der Kultur-Channel | News, Kritiken, Fotos aus Musical, Theater und Pop-Culture
Vor einigen Monaten wurde von einer Veranstaltung in Berlin berichtet, in Teile des Publikums lautstark dagegen protestiert haben, daß der Begriff „Negro“ („Neger“) ausgesprochen wird – „Sag‘ nicht das N-Wort!“ skandierten einige der Anwesenden: Es sollten einige Sätze aus Reden Dr. Martin Luther Kings vorgelesen werden, in denen im englischen Original eben King den Begriff „Negro“ verwendet.
Auch in diesem Text bleibt der Begriff „Neger“ unausgesprochen, bzw. unausgeschrieben: “Die N…” heißt es nur und auch der Titel im Plakat ist zur Unleserlichkeit abgeschnitten.
Ein solches Phänomen, bestimmte Begriffe nicht einmal als Zitat, dessen Wortwahl oder Inhalt man sich ja nicht notwendigerweise zu eigen macht, auszuschreiben oder auszusprechen, mutet mir fast schon an als würden hier Wörter und Begriffe magische Kräfte zugeschrieben werden, wie man im Mittelalter u.a. den Namen des Teufels nicht nennen durfte, da man ihn oder anderes Unglück sonst herbeigerufen hätte. Insofern man (peiorative) Begriffe, die Dritte verwenden, zitiert, würde ich das auch nicht als Affront gegen bstimmte Menschen oder Gruppen werten, eher als überschießende Petitesse.
„Les Negrés“ ist nach wie vor im Französischen der Titel des Stücks, und keineswegs das heute konsensuale „Les Noirs“, und der Begriff „The Black“ ist bis in die Zeit der späten 1960er Jahre, also weit über das Jahr der Entstehung von Genets Theaterstück, keinesweg mit der von Ihnen positiv-nichtdiskriminierenden Konnotation versehen, die – wir Europäer – damit heute verbinden, sondern beleidigend. Die Provokation und Absicht Genets steckt bereits im Titel, dessen diskursive Schärfe durch einen Titel wie „Die Schwarzen“ verwaschen und weichgespült wird.
Und – das ist eine dritte Anmerkung: die Minstrel Shows waren keineswegs durchgängig harmlose Unterhaltung auf Kosten der entrechteten Teile Bevölkerung, sondern die schwarze Maske wurde vielfach zur handfesten Kritik an bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen genutzt. Darüberhinaus ist es ein Phänomen der us-amerikanischen Geschichte, das in Europa so keine Entsprechung hat, die Kritik des „blackfacing“ als Rassismus trifft – globalisierte Welt hin oder her – in Europa so nicht ins Zentrum. Das entschuldigt nicht das dümmliche Verhalten jenes Moderators auf dem Opernball – nicht nur gegenüber einer US-Amerikanerin.
Ich glaube aber, daß es wenig nachhaltig ist, wenn man ähnliche, aber unterschiedlich entstandene kulturelle Phänomene miteinander in einen Topf wirft. So hat das christliche, durch die biblischen Erzählungen und späteren Legenden eine weitaus längere Beziehung zu „Afrika“ oder dem „Orient“ (Menschen mit dunklen Hautfarben), als es der Begriff „kolonial-rassistisch“ intendiert, der schlichtweg die vor-koloniale Geschichte der Beziehungen und Begriffe ignoriert.
So ist die Aussage von Olja Alvir in DaStandard vom 7. Jänner 2014 schlichtweg Geschichtsklitterei: „Die Tradition um die Heiligen drei Könige ist in Anbetracht des Ausmaßes dieser Praxis lediglich ein kleiner Teil des Problems. Trotzdem wird jungen Menschen damit sehr früh signalisiert, dass es in Ordnung sei, schwarze Menschen in dieser Form zu karikieren.“ Die Drei Könige gehören zu den bedeutendsten und am meisten verehrten Heiligen des Christentums, von einer „Karikatur“ des „Vertreters Afrika“ kann hier weder in der Vergangenheit noch in der Gegenwart die Rede sein. Natürlich: “ Wären die Sternsinger als solche plötzlich unerkenntlich, nur weil einer eben nicht schwarz angemalt ist?“ Nein, bis ins 12. Jahrhundert wurden die Drei Könige alle mehr oder minder hellhäutig dargestellt, die nationale Herkunft und Symbolik eines jeden Einzelnen hat sich im Laufe der Jahrhunderte immer wieder verändert.
Aus meinem Bedenken, nicht wahllos und vorauseilend allem und jedem das Etikett „(kolonial-)rassistisch“ anzupicken, resultiert nicht, ohne Respekt und Einfühlungsvermögen Menschen aus anderen Kulturen und mit anderer Geschichte zu begegnen. Denn genauso oberflächlich, wie regelmäßig Kritik und Empörung geübt werden, genauso an der Oberfläche bleibt dann auch der Wandel.
Sensibilisierung bedeutet auch im Kantschen Sinne kritisches Verständnis, Akzeptanz und Geltenlassen von historischen Zusammenhängen und historischen Kontexten des Originals – und auch, den Menschen dieses Orginal in seiner vielleicht ganzen Un- und Mißverständlichkeit zuzumuten. Wir machen uns heute darüber lustig, daß Papst Clemens XIII. 1759 die (ersten )“Feigenbätter“ (aus Blech) vor die Geschlechtsteile antiker Statuen anbringen ließ, denn die männliche Nacktheit war ein Affront. Es ist nicht ausgeschlossen, daß spätere Generationen die sprachlichen „Feigenblätter“, die bisweilen gutgemeint vor Begriffe gehängt werden, ebenso amüsiert wie kritisch würdigt.
Danke für diesen tollen, sehr differenzierten Kommentar!
„“Les Negrés” ist nach wie vor im Französischen der Titel des Stücks, und keineswegs das heute konsensuale “Les Noirs”, und der Begriff “The Black” ist bis in die Zeit der späten 1960er Jahre, also weit über das Jahr der Entstehung von Genets Theaterstück, keinesweg mit der von Ihnen positiv-nichtdiskriminierenden Konnotation versehen, die – wir Europäer – damit heute verbinden, sondern beleidigend. Die Provokation und Absicht Genets steckt bereits im Titel, dessen diskursive Schärfe durch einen Titel wie “Die Schwarzen” verwaschen und weichgespült wird.“
„Les Nègres“ hat im Französischen eine ganz andere Bedeutung, ebenso wie das amerikanische „negro“. Das lässt sich leicht recherchieren. Beide waren und sind zum Teil noch Selbstbezeichnungen von Schwarzen Menschen gewesen, während das für das deutsche N-Wort nie der Fall gewesen ist. Schwarze Deutsche haben sich nie in der Geschichte mehrheitlich selbst als „N…“ bezeichnet, es war IMMER und DURCHGEHEND ein rassistisches Schimpfwort, auch bei Kant, übrigens.
Ich werde nie verstehen, warum es so schwierig ist, nicht darauf zu bestehen, ganze Gruppen permanent zu beleidigen. Was da alles hervorgekramt wird, nur damit man unbedingt weiter rassistisch reden darf…
Danke für Ihre Antwort.
Es besteht aus meiner Sicht ein qualitativer Unterschied zwischen der Verwendung von Begriffen als Teil des aktiven Wortschatzes und der Verwendung von Begriffen, wenn man *über* diese Begriffe spricht bzw. diese *zitiert*.
Aus der Selbstbezeichnung von Gruppen läßt sich übrigens allgemein nicht ablesen, ob die verwendeten Bezeichnungen nicht in der jeweiligen Gesellschaft auch peiorativ verwendet werden, auch wenn es einige prominente Beispiele gibt, bei denen gängige Schimpfwörter im Zuge einer Selbstermächtigung und intendierten positiven Umdeutung vereinnahmt wurden und werden („Geusenworte“), vgl. den Begriff „Krüppel“ und die sog. „Krüppelbewegung“ in den 1970/80er Jahren in Deutschland oder der Begriff „schwul“ und pars pro toto in „QWIEN – Zentrum für schwul/lesbische Kultur und Geschichte“.
Sie werden richtigerweise einwenden, daß „Neger“ zu keiner Zeit ein solches „Geusenwort“ im Deutschen war und ich glaube wenigstens für die Zeit seit 1884 (dem Beginn der deutschen Kolonialzeit), daß wir eine zeitweise abfällige rassistische Verwendung bis heute feststellen können, jedoch auch nicht konsistent peiorativ, vgl. Spiegel-Bericht vom 25.07.1966 über die Rassenunruhen in den USA.
Weil Sie Kant ansprachen: Für die Zeit vor dem 19. Jahrhundert (1800 und früher) dürften wir keine gesicherten Hinweise über die deutsche Selbstbezeichnung von Menschen aus Nordafrika oder dem Subsahara-Raum haben, nicht allein schon aufgrund der verschwindend geringen Zahl dauerhaft im deutschen Sprachraum lebender Menschen aus diesen Regionen. Der aus dem heutigen Ghana stammende Anton Wilhelm Amo hat in seiner Promotionsschrift von 1729 „Über die Rechtsstellung der Schwarzen [bzw. Afrikaner] in Europa“ den Begriff „Maurus“ d.h. „Mohr“ verwendet; da die Schrift leider verloren gegangen ist, läßt sich über Begriffs-Verwendungen leider nichts darüberhinaus sagen.
Google Ngram Viewer läßt jedoch vernutem, daß zu dieser Zeit der Begriff „Mohr“ am verbreitetsten war, erst für die Zeit nach 1780 findet der Begriff „Neger“ explosionsartig Verwendung in der deutschsprachigen Literatur (vorher quantitativ weitgehend gleichauf mit „Schwarze“, erst ab 1974 (sic!) wird wieder mehrheitlich von „Schwarze“ geschrieben. Ähnlich übrigens bei den Begriffen „negroes“ und „blacks“ im amerikanischen und britischen Englisch.
Abgesehen von den aus heutiger Sicht nur krude zu nennenden Rassenheorien und Beschreibungen von und Einschätzungen über Afrikaner, kann ich jedoch *nicht* erkennen, daß Kant und andere einschlägige Autoren (später auch bei Karl Marx) den Begriff selbst als rassistisches Schimpfwort verwendet hätten.
Daß Kant, der wohl nie in seinem Leben einem schwarzen Menschen begegnet ist, aus heutiger Sicht rassistischen Unsinn verzapft hat (und alle anderen seiner Zeit mit ihm, also eine Art „common sense“ über die Sache bestand), macht den von ihm und seinen Zeitgenossen verwendeten Begriff nicht automatisch zu einem Schimpfwort, wenn wir unsere heutige Bewertung auf frühere Zeiten anlegen, wäre das anachronistisch.
Tut mir leid Hr. Max, aber sie haben genauso wenig Ahnung wie alle anderen die diese Kacke verteidigen. Ich hoffe wir begegnen uns mal irgendwann…. aber nicht weil ich sie unbedingt kennenlernen möchte, sondern ihnen mal mit Genuss erklären kann um was es da geht. Wenn sie dies als Intendant nicht checken, sollten sie den Beruf wechseln. Alles beginnt am Verstand des Menschen. Dazu gehört alles von A – Z. Sie haben leider nicht alles.
Untergriffe als Antwort auf einen sehr differenzierten Text? Das hilft Ihrer Sache nicht weiter …
Manuel Simmer,
Faszinierend, wie man ein Thema so drehen und wenden kann so wie man es braucht, wenn man die rassistische Diskriminierung nicht eingestehen Möhre oder? Bin begeistert von deiner Intelligenz! Glaubst das ich als Schauspieler nicht weiß was ich wie spiele!? Deshalb halte ich hier eine klugscheißerei für äußerst unnötig! Wenn Brunos, Manuels, Georgs, Marikas u.ä. das nicht verstehen möchten, habe ich eindeutig keine Toleranz und kein Verständnis für solche Meinungen. Manuel Simmer, ich verspreche dir (wenn dir das hilft), dass ich dich nur kurz sehe, dann spiele ich dir sowas vor (damit du dich in die Lage versetzen kannst) und glaub mir, du würdest dich sehr diskriminiert fühlen. Also versuch mir hier bitte nicht mit deiner wanna be Kompetenz was zu unterstellen, und akzeptier nur das dies aus der Kolonialzeit kommt und NICHT OK ist!
Ah, okay – also keine Auseinandersetzung sondern „Fresse zu und akzeptieren“ – na ja, ein tolles Demokratieverständnis!
Und: „Manuel Simmer, ich verspreche dir (wenn dir das hilft), dass ich dich nur kurz sehe, dann spiele ich dir sowas vor (damit du dich in die Lage versetzen kannst) und glaub mir, du würdest dich sehr diskriminiert fühlen.“
-> Ja, was spricht da dagegen? Glaubst du, ich bin mir im Theater noch nie diskriminiert vorgekommen, ich habe noch nie Texte, Bilder, Szenen erlebt, gegen die ich aufbegehren wollte? Aber das ist Theater, es stellt eine Welt dar – und sorry, die ist nicht immer gut!
Demokratieverständnis beginnt ganz woanders.
Sieh ein das Blackface nicht richtig ist. Dann hast du mal ein Schritt in die Demokratie gemacht.
Sonst….no comment!
In „Othello darf nicht platzen“ schminken sich zwei Schauspieler nicht als Schwarze. Sie schminken sich als als Schwarze geschminkte Opernsänger. Den Unterschied möchte ich Klavierspielen können! Dieser Auftritt denunziert höchtens Opernsänger , zeichnet sie stereotyp, als hysterische, hohltönende, geile Alkoholiker.
Hier die Antirassismuskeule zu schwingen, ist mit Kanonen auf Spatzen zu schiessen.
Und Hallo! Ich habe den „Juden von Malta“ selbst inszeniert: Dieses Stück ist NIChT antisemitisch. Es zeigt die logische, brutale Fortsetzung des „Kaufmanns“. Es ist antiphilantropisch. In dem Stück gibt’s jede Menge miese Christen,(inklusive miese Priester, miese Helden, miese Nonnen) einen miesen Moslem und EINEN ( am Ende nach allen Ungerechtigkeiten die ihm angetan wurden) endlich auch mies werdenden) Juden.
Wer behauptet, (und das durch moralische Zensur zur Doktrin erheben will) es gibt keinen einzigen widerlichen Schwarzen, keinen einzigen bösartigen Juden, keinen einzigen unguten Roma, DER DISKRIMINIERT, im wahrsten Sinne des Wortes. Ich lasse mir nicht von seiner ethnischen Zugehörigkeit diktieren, ob ich jemanden für ein Arschloch halten darf.
Und was ich am beunruhigsten finde:. Die offensichtlich gewollte schleichende Gleichsetzung des echt widerlichen und rassistisch belegten N-Worts mit dem viel harmloseren, bis vor wenigen Jahren auch im Selbstverständnis der Schwarzen fest verankerten Wortes Neger. (Das ich mir auszuschreiben auch weiterhin traue: Negernegerneger! ).
Wenn Kunst immer politisch und moralisch korrekt wäre, hätten wir weder Breughels „Bethlehemischen Kindermord“ noch Panizzas „Liebeskonzil“, weder die „Satanischen Verse“ noch Shakespeares „Sturm“ oder „Der Widerspenstigen Zähmung“. Und weder einen hohen Orden für „Hitler“ Hubsi Kramar, noch Thomas Bernhards Stücke am Burgtheater. (Regt sich eigentlich kein Tugendwächter mehr auf, dass der letzte Wille des Dichters seit Jahrzehnten mit Füssen getreten wird?)
Können wir uns bitte angewöhnen, den Künstlern einen Intelligenz- und Freiheitsvorschuss einzuräumen und sich erst NACH DEM ANSEHEN aufzuregen?
Als jemand, der sich unendlich lange mit jüdischem Theater beschäftigt hat: Natürlich ist der „Jude von Malta“ antisemitisch – bis zur Karikatur! Man nimmt Barabas sein Vermögen, und aus Rache daran geht er bis zum Massenmord! Dass auch die anderen Figuren „mies“ sind hat doch rein gar nichts zu sagen – deswegen ist und bleibt die Hauptfigur ein nach ALLEN antisemitischen Stereotypen (geldgierig, verschlagen …) gestaltete Figur. Ich finde es etwas seltsam, das zu leugnen. Gerade dieser verzerrte, antisemitische Blick macht das Stück doch spannend, Voss hat ihn in Zadeks Regie ja auch als zur Kenntlichkeit entzerrtes Stereotyp gespielt. Zadek hat zu Recht behauptet: Lieber Monster, als Opfer – und sich die Stereotype zu eigen gemacht. Eine Strategie, die gerade Schwarze angewandft haben, indem sie sich das so verpönte N-Wort zu eigen gemacht haben. Auch Schwule kennen das, indem man abwertende Bezeichnungen slebst verwendet und damit eingemeindet – „Tuntenball“ usw…
Der Absatz zu: „Es gibt auch miese Juden, Schwarze usw…“ allerdings schockiert mich. Das ist doch nicht der Punkt und dient, wie so oft, nur der Ausrede des eigenen Rassismus. Es wird niemand bestreiten, dass es miese Menschen überall gibt – aber es bleibt doch die Frage, ob jemand wegen seiner schlechten Eigenschaften kritisiert wird, oder wegen seiner Identität an sich! Und natürlich gibt es Stücke (auch der „Kaufmann“ zählt dazu, in dem Shylock seine Diamanten mehr beweint als seine Tochter), die eben nicht miese Menschen, sondern miese Typen einer ethnischen, religiösen Gruppe zeigen: Vom „Juden von Malta“ bis zum namenlosen „reichen Juden“ in Fassbinders Stück.
Das alles heißt nicht, dass diese Werke nicht aufgeführt werden sollen – ich fand die Verbinderung der Fassbinder-Aufführung mehr als falsch! – aber zu ignorieren, in welche Richtung manche Stücke gehen, kann auch keine Lösung sein. Da ist Auseinandersetzung gefragt, Reibung, Streit auch mit den Vorlagen! Ihre Aussage: „Egal, es geht ohnehin nur um Menschen, und manche sind eben böse Juden usw…“ zeigt eine Vereinfachung, die keine große Lust auf Ihre Inszenierungen macht …
oh, der mutige herr max traut sich weiterhin das n-wort auszuschreiben, also auf rücksichtnahme, empathie, sensibilität usw. zu pfeifen und den ausdrücklichen willen einer bevölkerungsgruppe zu ingnorieren. chapeau!
Wie ich schon gesagt habe, der Hr. Max hat auch keine Ahnung! Shame in you Bruno Max!! Das ist wirklich inakzeptabel und es kotzt einem an! Wechsel dein Beruf!
Nein da bin ich nicht Deiner Ansicht. Natürlich muss es einer Gesellschaft erlaubt sein, ihren eigenen Umgang mit ihren historischen Fehlern entsprechend aufzuarbeiten. Ich brauche nicht zwingend die Betroffenen in diesen Prozess miteinzubeziehen. Zu erkennen, dass sich die Gesellschaft in der man lebt sich in der Vergangenheit gegen bestimmte Gruppen diskriminierend verhalten hat, kann ich künstlerisch auch ohne die direkte Enbeziehung dieser Menschen verarbeiten.
Und nun noch zu Deinem Umgang mit der Materie. Umbenennungen, Verurteilungen und Vorschriften was in einer Sprache zulässig ist oder nicht, oder auch Graphische Symbole wie beispielsweise der „Meinl Mohr“ deren weitere Verwendung aufgeregt in der Öffentlichkeit von Politikern kritisiert wird, führt zu Einschüchterungen. Dadurch werden die Verantwortlichen nicht zu einem sensibleren Umgang angeregt, sondern dazu veranlasst, solche Symbole unhinterfragend zu entfernen. Eine Auseinandersetzung ist dann aber so gut wie nicht mehr Möglich, da die entsprechenden Worte und Symbole aus dem öffentlichen Diskurs verschwinden. Außerdem hat diese Vorgehensweise immer etwas von der Orwellschen Sprachpolizei. Wer hat das Recht jemanden anders Ausdrücke zu verbieten? Sprache ändert sich durch Gebrauch und Auseinandersetzung damit automatisch. Meine Eltern verwendeten noch Bezeichnungen „bis zur Vergasung“ fur endlos lange Vorgänge. Meine Generation würde diesen Ausdruck niemals verwenden, da wir den Kontext kennen, den meine Elterngeneration durch die Nichtaufarbeitung des Holocaust in den 60er und 70er Jahren nicht herzustellen bereit waren. Ich will damit nur aufzeigen, dass Aufarbeitung Zeit braucht und ein Lernprozess ist, den man nicht durch radikale Maßnahmen wie Verschweigen oder Umbenennungen erreicht, sondern durch vielleicht auch künstlerische Auseinandersetzung. Und in diesem Zusammenhang, ist der derzeitige Titel „Die Neger“ sogar hilfreicher. Außerdem ist wäre eine wörtliche Übersetzung ins Englische wirklich problematisch, da die englische Bezeichnung tatsächlich als Herabwürdigung verwendet wurde, was im deutschen so nicht der Fall war. Es gibt also auch hier noch einen Unrschied, der oft auch undifferenziert gesehen wird.
Nun ja, der englische Titel wäre wohl eher „The Negroes“ gewesen, und das war meines Wissens bis in die 60er Jahre eine durchaus übliche Bezeichnung für Menschen mit dunkler Hautfarbe und keineswegs zwingend eine Herabwürdigung. (Heute: different story)
Wenn man sich die Geschichte von „Blackface“ ansieht, ist das alles leider nicht so einfach, wie hier dargestellt. Ich finde es auch bedenklich, wie hier diverse Darstellungsformen in Eins geworfen und verwurstet werden: Es macht einen Unterschied, ob auf der Bühne ein schwarzer Charakter durch „anmalen“ von einem Weißen dargestellt wird (weil man keinen schwarzen Schauspieler suchen möchte?), oder ob man „blackface“ benutzt, um sich mit rassistischen Praktiken auseinander zu setzen. Wenn „blackface“ per se für die Bühne verboten ist, darf ich ehrlicherweise auch keine rassistischen Aussagen, frauenfeindliche Figuren oder sonstwie beleidigende Praktiken zeigen.
Sie schreiben: „Keine namhafte Kulturinstitution würde beispielsweise heute antisemitische Stereotype unreflektiert wiedergeben“ – aber das stimmt schlichtweg nicht! Der „Kaufmann von Venedig“ ist ein durchaus fragwürdiges Stück, wird aber immer wieder gespielt. „Der Jude von Malta“, ein schlimm antisemitisches Machwerk! – wurde sogar von Zadek am Burgtheater inszeniert, vom gleichen Regisseur also, der in seinem Bochumer „Kaufmann“ den Shylock als antisemitisches Zerrbild gezeigt hat. Jetzt werden Sie sagen: Ja, aber hier hat man sich reflektiert mit antisemitischen Bildern auseinandergesetzt. Aber wer sagt denn, dass das bei den „Negern“ von Simons nicht der Fall sein wird? Das Stück steht doch noch Monate vor seiner Premiere! Hier im Vorfeld zu urteilen, ist – gerade bei einem tollen und historisch sicher nicht uninformierten – Regisseur wie Simons eine Frechheit!
Es bleibt: Natürlich darf die Bühne Rassismen, Antisemitismen usw… zeigen! Damit übernimmt sie doch nicht automatisch diese Haltung! Das ist doch ein völlig unkünstlerischer Zugang, den Sie hier vertreten (Wie leider so oft…). Die Bühne ist ein eigener Raum – der eben nicht 1:1 Realität ist. Nur weil „Liliom“ auf der Bühne seine Frau schlägt, wird doch niemand behaupten, das sei auch im realen Leben in Ordnung. Nur weil „Richard III“ seine Gegner umbringt, wird das doch niemand für die Welt da draußen empfehlen. Und nur weil sich jemand auf der Bühne das Gesicht schwarz anmalt, heißt das ja nicht, dass das am Opernball auch in Ordnung ist. Traurig, wenn Menschen das nicht verstehen …
Herzlichen Dank für Ihre so hervorragende differenzierte Darstellung der Problematik. Meine Kritik geht eben genau in die Richtung der kulturpolitischen Auseinandersetzung mit dieser Thematik durch einen Kulturpolitiker, der noch dazu gelernter Clown, eigentlich ebenfalls Künstler ist. Hier erwarte ich mir einfach wesentlich sensibler vorzugehen. Denn ein entsprechendes Verständnis der Bevölkerung, die sich eben nicht derart differenziert mit der Problematik auseinandersetzt, darf man sich dann auch nicht erwarten, wenn politische Exponenten diese nicht entsprechend vornehmen. Und sich damit zu brüsten, erreicht zu haben, dass sich das Akzent von einer nicht zeitgemäßen Darstellung bei einem Stück wie „Otello darf nicht platzen“ distanziert, zeigt einfach, dass hier Verantwortliche mit weniger künstlerischem Verständnis unnötiger Weise einfach verunsichert werden.
Ja, wobei ich „Othello darf nicht platzen“ und „Die Neger“ nochmal differenzieren würde – in dem einen Stück ist das Anmalen ja tatsächlich Mittel der Belustigung und wirklich eine eher unreflektierte Übernahme rassistischer Praktiken (Da hätte ich als Zuseher auch meine Probleme…), das andere Stück ist eine dezidierte Auseinandersetzung mit rassistischen Praktiken. Inwieweit Simons das herausarbeitet, wird sich zeigen – dann kann man nach der Premiere nochmal drüber reden. Denn natürlich ist „blackface“ hoch problematisch und darf nur eingesetzt werden, wenn man genau weiß, weshalb und zu welchem Zweck. Es aber rundheraus zu verbieten, finde ich keineswegs richtig!
Gleiches gilt ja für Antisemitismus: Wenn Zadek sich durch einen Schauspieler, der den Skylock als wirklich miesen Juden zeigt, mit Antisemitismus auseinandersetzt, ist das ein legitimes Mittel. Auf einer Sommerbühne als Belustigung möchte ich das aber nicht sehen müssen! Da gilt es eben zu differenzieren, und das passiert mir in der Debatte gerade zu wenig.
Aber zu sagen: Die Bühne muss nicht nur in ihrer Wirkung, sondern auch in ihren Aussagen, ihren Mitteln – also in all dem, was sie zeigt – immer und zu jedem Zeitpunkt politisch korrekt sein, darf also keinen Rassismus, keinen Antisemitismus, Frauenfeindlichkeit ZEIGEN (Und das ist das wichtige Wort!) – beraubt sie ihrer spezifischen Wirkung. Da würde ich mir von einem Kulturpolitiker mehr Verständnis erwarten.
Das Ausstellen schwarzer Menschen durch Brett Bailes bei „Exhibit A“ wurde ja auch stark kritisiert – weil es eine Weiterführung kolonialer Praktiken ist. Aber es geschah eben in Zusammenarbeit mit schwarzen Darstellern, als Auseinandersetzung mit und Kritik an genau diesem kolonialen Blick. Wie sollte das denn geschehen, ohne diesen Blick nur erwähnen, darstellen oder zeigen zu dürfen?
Das gleiche gilt hier – vor allem, da das Bild zu „Die Neger“ in seiner Künstlichkeit (Grell bunte Lippen, anonymisierte Gesichter) ja gar nicht vorgibt, schwarze Menschen darzustellen, sondern unseren verzerrten, rassistischen Blick AUF schwarze Menschen – das ist doch etwas komplett anderes!
Lieber Manuel Simmer,
ich stimme Ihnen fast zur Gänze zu. Nur scheint hier ein Missverständnis vorzuliegen: Ich habe an keiner Stelle das Stück oder die Inszenierung kritisiert. Nach allem was ich gelesen habe dürfte das Stück von Jean Genet eine hochinteressante Auseinandersetzung mit rassistischen Stereotypen sein, also go for it. Ich hab mir schon im Jänner Premierenkarten gesichert. Und eine Inszenierung kritisiere ich nicht bevor ich sie gesehen habe. Ich halte es deshalb auch für falsch das Pamoja das voreilig tut ohne sie zu kennen.
Warum bei der Inszenierung entgegen der Intention von Genet nur ein schwarzer Schauspieler mitspielt weiß ich nicht. Sollte es sein weil’s angeblich nicht genügend davon gibt dann ist das allerdings zu kritisieren. die meisten schwarzen schauspielerInnen kriegen nämlich keine oder nur klischeerollen. und shermin langhoff füllt mit dem gorki ein ganzes theater mit fast ausschließlich migrantischen und hervorragenden schauspielerInnen.
damit sind wir beim eigentlichen problem: auch in der kulturszene liegt die definitionsmacht noch immer (2014!!!) bei privilegierten angehörigen der weiß und männlich dominierten mehrheitsgesellschaft. deshalb bin ich völlig bei ihnen dass solche themen „in Zusammenarbeit mit schwarzen Darstellern, als Auseinandersetzung mit und Kritik an genau diesem kolonialen Blick“ abgehandelt werden sollten. ob simons dies tat oder tut kann ich nicht beurteilen und tu ich auch nicht bevor ich mich ausreichend kundig gemacht habe.
ich kritisiere ja vorläufig nur was ich kenne: die verwndung des n-worts und die blackface-ankündigung. was das n-wort betrifft: nach allem was ich über jean genet gelesen habe würde er mit ziemlich hoher wahrscheinlichkeit heute die übersetzung „die schwarzen“ bevorzugen, so wie eben „the blacks“ im englischen sprachraum. weil „les negres“ 1948 nicht so rezipiert wurde wie heute „die n…“. da gibts eben v.a. in den usa bereits einen längeren prozess der sensibilisierung, der uns erst bevorsteht. das ist ja auch meine hauptintention: diese sensibilisierung voranzutreiben, und nicht etwa als kulturpolitiker in programmierungen etc. einzugreifen.
und die ankündigung: ja, würde etwa shermin langhoff oder schwarze künstlerInnen blackface bewusst inszenieren um es zu hinterfragen, dann hätte ich das vertrauen dass dies zur sensibilisierung beitragen würde. im vorliegenden kontext steht es unhinterfragt da und unterscheidet sich in nichts von unseren tradierten bildern wie sie etwa bei den ministrel shows im 19. jahrhundert gezeigt wurden. deshalb auch die wütenden reaktionen der black community, die da zurecht spürt dass wieder einmal von weißen bilder über sie geschaffen werden und die definitionsmacht über diese bilder bei der weißen hegemonie bleibt.
zu guter letzt, nur um weitere missverständnisse zu vermeiden: ich fordere nichts und greife auch als politiker in keine inhaltlichen oder gestalterischen elemente ein. ich tu meine meinung kund und rege zur kritischen auseinandersetzung an. und zwar indem man MIT den betroffen (in dem fall die black community) statt ÜBER sie redet. that’s all, und das sollte doch eigentlich heutzutage selbstverständlich sein, oder?
Zum Titel: Das halte ich für eine sehr gefährliche Diskussion, denn die Mutmaßung, was Genet heute für angebracht hielte, ist eine müßige – wir werden es nie erfahren. Ich glaube, eine informierte Zuseherschaft kann mit dem Originaltitel „Die Neger“ umgehen, ohne dass plötzlich alle Rassisten werden. Und die uninformierte Zuseherschaft wird nicht plötzlich sensibilisiert, weil Genets Titel geändert wurde. Da bin ich wirklich ausschließlich auf der Seite der Kunst: Hier haben Eingriffe nicht im Nachhinein zu erfolgen, denn wo endet das? Im Umschreiben von Shakespeare-Stücken, die in nicht wenigen Fällen frauenfeindlich sind? Was machen Sie mit einer Figur wie Caliban im „Sturm“, mit Shylock im „Kaufmann“? Da hilft kein Umtexten, sondern nur die aktuve Auseinandersetzung.
Zu den Schauspielern: Sie haben völlig Recht, ich glaube allerdings nicht (Wobei das auch nur Vermutung ist!), dass Simon zu faul zum Suchen war. Ich unterstelle eine künstlerische Intention – diese spricht ja auch aus seinem Text zum Stück, der darauf hinweist, dass das Schminken ein gewaltsamer Akt auf der Bühne sein soll, offenbar die Brutalität und Wirkungsmacht miteinbezieht. Aber das wird sich bei der Premiere zeigen…
Dass eine Diversität, die längst Realität ist, in der Kunstszene zu wenig Niederschlag findet, da gebe ich Ihnen recht. Allerdings ist gerade das Gorki im Moment noch politisch spannender als künstlerisch, leider. Da wird zu schauen sein, wie sich das entwickelt.
Auseinandersetzung mit der Black-community natürlich, da werde ich nie widersprechen. Das heißt aber nicht, dass jemand wie Simons nicht auch aus weißer Sicht über Rassismus nachdenken und die Bühne dazu nutzen darf.
Im Übrigen bin ich der Meinung, tut man der Debatte nicht gut, wenn man Genets „Die Neger“ in Simons Regie mit „Othello darf nicht platzen“ vermischt – oder gar mit dem Opernball-Auftritt. Gerade in der reflexartigen Abneigung der Simons-Aufführung durch Pamoja zeigt sich ein Widerwille zur Differenzierung, den ich in der Kultur für unangebracht halte und der leider auch dazu führt, dass ich einige der berechtigten Kritikpunkte nicht annehmen kann, was ich sehr, sehr schade finde!
eine zeitgemäße übersetzung finden heißt ja nicht ins werk eingreifen. oder finden sie umgekehrt dass man in den usa „the blacks“ in „the n…“ umbenennen müsste?
mit der werktreue hab ich’s aber sowieso nicht so und find gar nix schlimmes an eingriffen im nachhinein. den antiregietheater-dogmatismus von turrini und kehlmann find ich jedenfalls nur lächerlich. man kann das alles nicht über einen kamm scheren: wenn hubsi kramar „mein kampf“ liest ist das ja auch ok, wenn’s wer zur volksbelustigung tut wiederum nicht, da sind wir uns glaub ich einig. oder man kontextualisiert eben. nur: die unreflektierte repräsentation historischer rassimen, sexismen, antisemitismen etc. führt halt zum einzementieren gesellschaftlicher machtverhältnisse. kann immer noch freiheit der kunst sein, nur: ich muss es nicht gut finden.
und im gegensatz zu ihnen glaube ich sehr wohl dass bewusster einsatz von begriffen zur sensibilisierung beiträgt. sehr sogar. und meiner beobachtung nach sind jene die mit sprache sensibel umgehen meist dieselben akteurInnen die sich auch um „wirkliche“ probleme wie armut, unterdrückung, verfolgung, diskriminierung, kapitalistische ausbeutung usw. kümmern. und diejenigen die immer sagen „kümmerts euch doch um die wahren probleme statt um die sprache“ hab ich noch nie gegen das rassistische fremdenrecht, tätliche übergriffe in der u-bahn oder im einsatz für flüchtlinge gesehen. das nur nebenbei bemerkt.
die drei stücke die ich bis jetzt im neuen gorki gesehen hab fand ich übrigens künstlerisch weit über dem durchschnitt (und ich schau mir sehr vieles an), eins davon sogar sensationell, aber das sind geschmacksfragen. wundert mich nur dass sie das ins treffen führen.
ich für mich selbst hab übrigens entschieden dass ich mich in heiklen fragen betreffend rassismus etc. so gut wie immer von betroffenen expertInnen beraten lasse. aus eingestandener nichtkompetenz (siehe dazu auch ein älteres blogpost: http://klauswerner.com/2009/07/27/warum-ich-rassist-bin), aus respekt und weil v.a. schwarze hierzulande dauernd damit zu kämpfen haben dass andere – auch bekennende antirassistInnen – die definitionsmacht über sie übernehmen.
die vermengung mit „otello darf nicht platzen“ und der unsäglichen opernballsache ist unglücklich, da haben sie recht. war nicht als gleichwertend gedacht, nur halt der gemeinsame anlass.
So gesehen lässt du dich wohl auch von den betroffenen Expertinnen beraten, wenn es z.B. um die Frage der blasphemischen Natur von Haderers „Das Leben des Jesus“ geht? Wenn nämlich nicht, wäre das wohl messen mit unterschiedlichen Maßstäben, nicht wahr?
Betroffenen, auch solchen, deren Ansichten wir nicht teilen, gebührt immer Respekt – Willfährigkeit nicht. Du solltest in der Lage sein, dir eine eigene Meinung zu bilden.
von wem soll ich mich da beraten lassen? von jesus?
Eine „zeitgemäße Übersetzung“ kann doch nicht die Ausrede für das Glätten und Bügeln historischer Texte sein? Nicht falsch verstehen: Bei Kehlmann bekomme ich Zustände, aber gutes (nach meinem Verständnis!) Theater setzt sich zu Texten in Verbindung, reibt sich an diesen, montiert sie vielleicht auch auseinander, aber es umgeht Probleme nicht einfach durch Umschrieben und Vereinfachen. „Ich mag Rassismen in einem Text nicht – rausstreichen!“ Na, so einfach gehts nicht. Da gibt es ja noch einen Haufen anderer künstlerischer Strategien, darauf zu reagieren. Sonst bleiben nur mehr langweilige, stromlinienförmige Produktionen über, die nirgends mehr anecken. Eben: der „Jude von Malta“ dann als der „Mitbürger jüdischen Glaubens von Malta“, mit einer grundsympathischen Hauptfigur.
Die „die repräsentation historischer rassimen, sexismen, antisemitismen“ muss ja nicht immer „unreflektiert“ erfolgen. Ehrliche Frage: Ist es nicht zielführender, unsere Differenz zu diesen historischen Zuständen herauszuarbeiten, als einfach zu tun, als hätte es die „historischen rassismen, antisemitismen“ nie gegeben, indem man sie rausstreicht?
In dem Zusammenhang finde ich gerade auch das Gorki spannend. Ich kenne extrem viele russischstämmige Menschen, die Wodiankas Wutrede am Ende von „Small Town Boy“ höcht problematisch fanden und den Abend deswegen extrem abgelehnt haben. Ich glaube nicht, dass das von Ihnen so gelobte Gorki daran dächte, diese Wutrede zu streichen, zu glätten – oder eine Diskussionsveranstaltung zum Thema abzuhalten. Und das ist wirklich Wut und Hass in dem Stück – aber den muss man auf der Bühne eben manchmal auch aushalten. Nur geht es hier eben um (böse?) Russen, nicht um (gute?) Schwarze. Sie sehen: Selbst das Gorki hat nichts dagegen, Texten Platz zu geben, die für manche rassistisch sind – nur regt sich da eben niemand öffentlich auf.
Wenn all diese Klippen umschifft werden müssen, will ich mit Kunst nichts mehr zu tun haben, dann ist sie zur Heile-Welt-Phantasie geworden, die weltfremd ist. Dann lieber Abende wie Kornél Mundruczós „Schande“, das sich um politische Korrektheit nicht kümmert und gerade deswegen sehr viel über Rassismus zu sagen hat.
So traut sich niemand mehr irgendwas, weil die Gefahr zu groß ist, eine auf den Deckel zu kriegen. Und Kunst, die sich von allen Betroffenen im Vorfeld beraten lässt, um niemand auf die Zehen zu treten, ist keine Kunst.
Hier übrigens ein paar lesenswerte Kommentare zu „Otello darf nicht platzen“ (via Asli Kislal):
http://www.canadianshakespeares.ca/essays/s_t_ken_ludwig.cfm
http://www.philly.com/philly/blogs/228633492.html
http://hpr1.com/feature/article/conversation_about_blackface/
http://www.therecord.com/opinion-story/4140612-d-amato-play-s-blackface-unsettling-but-not-gratuitous/
http://t.seacoastonline.com/apps/pbcs.dll/article?aid=/20091029/ENTERTAIN/910290319&template=tabletart
Lieber Klaus,
sich das Gesicht schwarz anzumalen ist *nicht* automatisch blackfacing. Und wenn du die historischen Bilder mit dem Plakat von „Othello darf nicht platzen“ vergleichst wirst du erkennen, dass es ganz klare und grundlegende Unterschiede in der bildlichen und schminktechnischen Darstellung gibt. Und dass ein antirassistisches Stück rassistische Sterotype aufgreift liegt in der Natur der Sache (Festwochen; ob es dabei erfolgreich antirassistisch wirkt, wird sich erst zeigen).
Nichts entschuldigt die Vorfälle auf dem Opernball. Durch die aktuelle Kampagne aber, die de facto darauf hinausläuft, dass niemand in keiner denkbaren Situation inkl. künstlerischer Kontexte sich dunkel (schwarz? braun?) schminken oder als derart Geschminkter dargestellt werden darf, ist selbst schon wieder rassistisch: Schwarze können nur durch Schwarze dargestellt werden – warum? Weil Weiße das nicht können? Weil Schwarze zu „exotisch“ sind, um von Nicht-Schwarzen dargestellt werden zu können? Denn: dass niemand mehr jemand oder etwas darstellen darf, was er nicht wirklich ist, kann wohl kaum der Weisheit letzter Schluß sein (Carmen? Madame Butterfly? Richard III.?).
Ich halte die aktuelle Aufregung für extrem kontraproduktiv. Da ganz unterschiedliche Sachverhalte in einen Topf geworfen und unterschiedslos skandalisiert werden, verschwindet der eigentliche Skandal unter einer Menge Belanglosigkeiten. Denn die Sternsinger oder ein gerngesehenes boulvardeskes Theaterstück als rassistisch zu desavouieren löst bloß reflexartige Ablehnung aus. Und keiner beachtet mehr die wirklichen Skandale. Das kann doch nicht gewollt sein!
Was mich aber besonders stört ist, dass du als Grüner und als ehemaliger Clown (Whitefacing? Mit übertrieben hervorgehobener Mundpartie? Muss ich mich als Weiße hier beleidigt fühlen?) so völlig unreflektiert „Skandal! Verbieten! Bestrafen!“ schreist.
Al, Nicole
wo hab ich „skandal! verbieten! bestrafen!“ geschrien? und warum sollen schwarze oder weiße nicht weiße oder schwarze oder umgekehrt spielen können ohne sich dafür anzumalen? und warum können wir angehörigen einer privilegierten mehrheitsgesellschaft nicht ganz einfach mal die bedürfnisse einer sehr großen community akzeptieren, die seit jahrhunderten unter rassistischer diskriminierung leidet, wie das in anderen ländern längst als selbstverständlichkeit gilt?
und nochwas: willst du mal schwarze schauspielerInnen oder schauspielerInnen anderer herkunft (ausgenommen deutschland) fragen wie viele rollen egal welcher hautfarbe sie in österreich kriegen?
wo liegt denn das problem, wenn sich ein weisser schwarz und ein schwarzer weiss anmalt? letzteres ist sogar in mehreren afrikanischen kulturen gang und gäbe, und keiner brüllt „schau mal, die machen whitefacing!“
eh nicht darin. sondern in der frage ob angehörige der hegemonialen mehrheitsgesellschaft (in dem fall weiße) die definitionsmacht über bilder einer ohnehin diskriminierten minderheit übernehmen oder reproduzieren, also in diesem fall in der rassistischen tradition von blackface.
Da wir nicht auf Facebook befreundet sind, erlaube ich mir, Dir meinen Kommentar zu Deiner heutigen Aussendung, die ich in meinem Forum gepostet habe, auf diesem Wege zu übermitteln:
Lieber Klaus-Werner Lobo!
„Otello darf nicht platzen“, darf also nicht mehr mit einem Blackface beworben werden? Stücke müssen Umbenannt werden? Schwarze, dürfen nicht mehr durch weiße Schauspieler dargestellt werden? OK dann sollten alle Hosenrollen abgeschafft werden, Schwule nicht mehr durch heterosexuelle dargestellt werden, Barockopern dürfen überhaupt nicht mehr gezeigt werden, da ja damals alle Rollen durch Männer dargestellt wurden. Ach ja, Kontertenöre sind pfui, weil ja ihre Rollen ursprünglich für Kastraten geschrieben wurden. Ihre Form der Auseinandersetzung mit Minderheiten und rassisitischen Problemen in einer Gesellschaft zielt darauf ab, jene Stereotypen nicht mehr zu zeigen. Also zu verschweigen. Abgesehen davon, dass ich mich dann in Ihrem Sinne schon rassistisch verhalten habe, da ich einmal sogar mit Ganzkörperschminke einen Schwarzen dargestellt habe und das sogar in einem Kinderstück, finde ich dann Ihren Beruf als Clown ebenso durchaus hinterfragenswert. Schließlich stellen Sie einen „Tölpel“ durch grelle Schminke dar und diskriminieren damit bildungsferne Menschen!
Liebe Grüße
Florian Mauthe
nochmal lesen, satz für satz, hilft vielleicht lieber florian.
Habe ich lieber Klaus. Und „Otello darf nicht platzen“ funktioniert nur mit schwarz angemalten Gesichtern. Da hilft keine Imagination. Und dass das Stück mit den Bildern dieser Hauptdarsteller beworben wird, ist nicht herablassend, rassistisch oder diskriminierend. „Les Negros“ ist auch nicht anders zu übersetzen als eben „Die Neger“. Und auch Jean Genet hatte sein Stück so genannt. Warum wohl? Weil er damit genau diese Problematik aufzeigen wollte. Sonst hätte er das Stück wohl „Die Schwarzen“ genannt. Das Wort selbst ist eben auch noch nicht diskriminierend, sondern ist lediglich der Farbe „Schwarz“ geschuldet die es bedeutet. Ich halte es für bedenklich, Worte oder Bezeichnungen aus unserem Alltag entfernen zu wollen, oder sogar Bücher von verstorbenen Autoren umschreiben zu wollen. Meiner Meinung nach ist es wesentlich hilfreicher, eben genau diese damaligen, durchaus fehlgeleiteten Umgänge mit Minderheiten und Rassismen aufzuzeigen. Und dies geschieht sicher nicht durch verschweigen oder umschreiben der Geschichte dahinter!
das stimmt doch nicht. über „otello darf nicht platzen“ hab ich weiter oben ein paar interessante links gepostet. und „le negres“ 1948 würde jean genet heute mutmaßlich mit „die schwarzen“ übersetzen lassen. oder findest du dass man „the blacks“ umbenennen müsste um der intention des autors zu folgen? da gibts in den usa einfach eine stärkere sensibilisierung zu der ich hierzulande gern beitragen würde.
zur rassistischen konnotation des n-wortes empfehle ich dir wirklich die lektüre einschlägiger texte (einen hab ich im post verlinkt, es reicht aber auch schon wikipedia).
worte und bezeichnungen ändern sich laufend, sonst würden wir heute noch germanisch oder was weiß ich sprechen. mein großvater regte sich immer auf dass ich etwas „irrsinnig gut“ fand weil er meinte das wort bezeichne doch eine geisteskrankheit. bis ich bei meinem germanistikstudium entdeckte dass auch das wort „sehr“ das er bevorzugt hätte im mittelhochdeutschen für „verrückt“ verwendet werden konnte. 😉
aber ich bin bei dir dass man geschichte nicht verschweigen sondern sich damit auseinandersetzen sollte. im fall rassistischer geschichte macht man das am besten gemeinsam MIT betroffenen anstatt tradierte bilder ÜBER sie zu reproduzieren.